Weiterer wissenschaftlicher Nachweis zur Entstehung von Alzheimer-Demenz erbracht

Nach wie vor sind die genauen Gründe für die Entstehung von Demenz-Erkrankungen unbekannt. Doch in den vergangenen Monaten zeigen immer mehr Forschende in neuen Studien, die sich seit Ausbruch der Corona-Pandemie stark vermehrt mit dem Einfluss von Virus-Infektionen beschäftigen, dass auch Alzheimer-Demenz, andere Formen von Demenzen und weitere neurodegenerative Krankheiten wie Morbus Parkinson, Multiple Sklerose und dementielle Syndrome bei Long-Covid und Post-Covid im Zusammenhang mit Viren-Belastungen stehen. Schon vergangenes Jahr stellten wir im Rahmen der Veröffentlichung einer großen US-Studie, die den endgültigen Nachweis erbrachte, dass Multiple Sklerose durch das Epstein-Barr-Virus (EBV) ausgelöst wird, die Frage: Könnten virale Infektionen auch Auslöser für Alzheimer-Demenz und andere neurologische Erkrankungen sein? (Siehe hierzu auch: https://www.alzheimer-deutschland.de/aktuelles/beitraege/hauptursache-fuer-multiple-sklerose-gefunden). Diese Frage war berechtigt: Nun haben Wissenschaftler:innen der amerikanischen Tufts- und der britischen Oxford-Universität nachgewiesen, dass auch Varizella- und Herpes-Simplex-Viren eine gewichtige Rolle bei der Entstehung vom Demenz-Erkrankungen spielen, denn: Die Viren zeichnen gemäß zahlreicher Studien für eine überdurchschnittliche Vermehrung der Alzheimer-assoziierten Tau- und Amyloid-Proteine sowie Entzündungen im Gehirn (mit-)verantwortlich.

95% der Weltbevölkerung sind mit dem Varizella-Zoster-Virus infiziert – eine tickende Zeitbombe?

Wir alle kennen Herpes-Viren wie den Virus Herpes Zoster im alltäglichen Sprachgebrauch als Gürtelrosen-Virus, den Herpes Simplex im Zusammenhang mit immer wiederkehrenden Lippenbläschen oder schließlich den Varizella-Zoster als Erreger von Windpocken. Doch viele Jahre, wenn nicht Jahrzehnte lang gehörten Herpes-Viren eben „irgendwie dazu“, sie waren nicht weiter der Rede wert. Doch durch den Corona-Virus wendet sich das Blatt und die verschiedenen Viren-Familien sind in den Fokus der Forschung geraten und werden immer mehr als eine Wurzel des Übels Alzheimer-Demenz identifiziert.

Dramatisch dabei: Während sich gemäß Weltgesundheitsorganisation (WHO) 95% der Weltbevölkerung vor ihrem 20. Lebensjahr mit dem Varizella-Zoster infiziert haben, tragen darüber hinaus 3,7 Milliarden Menschen im Alter unter 50 Jahren den Herpes Simplex (HSV-1) in sich. Das Fatale dabei ist, dass Herpes-Viren über Jahre nach einer Infektion meist unbemerkt bleiben. Sie schlafen sozusagen unentdeckt und versteckt im menschlichen Organismus, lagern sich auch an die Nervenenden an und legen in dieser Zeit fast ihr gesamtes Erbgut still, so dass im latenten Zustand keine neuen Viren gebildet werden. Ergo manifestieren sich in dieser Zeit auch keine Herpes-assoziierten Erkrankungen. Doch sind die Bedingungen – etwas durch eine vorübergehende Immunschwäche oder auch durch eine Corona-Infektion –   günstig, wachen die Herpes-Viren wieder auf und werden aktiv.

Schon früher sahen Forschende einen Zusammenhang zwischen Herpes-Viren und Demenz. Da sich insbesondere Herpes Simplex in den Gehirn-Neuronen ansiedelt, verursacht er bei der Reaktivierung jene Anhäufungen von Tau- und Amyloid-Beta-Proteinen, die für die Neurodegeneration, also den kontinierulichen Verlust der neuronalen Funktionen, vor allem im Zusammenhang mit der Alzheimer-Demenz verantwortlich gemacht werden.

Im Doppel gefährlich: Die Kombination zweier Herpes-Viren erhöht die Erkrankungsgefahr.

In ihren Studien fanden die amerikanischen und britischen Wissenschaftler:innen nun in Hirngewebe-Modellen heraus, dass im Falle einer singulären Infektion mit dem Varizella-Zoster zwar noch keine Amyloid- und Tau-Proteine gebildet werden; ist jedoch gleichzeitig bereits ein schlafender Herpes Simplex-Virus in den Neuronen angesiedelt, weckt ihn sein Verwandter, der Varizella-Zoster, auf und der aufgewachte Herpes Simplex lässt die Protein-Bildung dramatisch ansteigen. Dies führt in der Folge zur bekannten Degeneration der neuronalen Funktionen, also zu Alzheimer-Demenz und anderen Demenz-Formen. Im Fazit: Arbeiten Varizella und Herpes Simplex im Team zusammen, wird aus zwei vermeintlich relativ harmlosen Virus-Komponenten höchste Sprengkraft.

Darüber hinaus stellten die Wissenschaftler:innen fest, dass Varizella-Zoster im Gewebeproben-Modell zur Zytokin-Produktion führt. Zytokine, wie etwa Interferone oder Interleukine, sind Botenstoffe, die Effekte auf Entzündungsprozesse haben und bei einer Reaktion des Immunsystems ausgebildet werden. Es sei möglich, dass solche Entzündungen zur Aktivierung schlafender Herpes-Simplex-Viren führen, so Studienleiter David Kaplan, die wiederum zu einer noch stärkeren Entzündung führen – eine regelrechte Kaskade also, die das Risiko für Demenz-Erkrankungen erheblich erhöhen kann.

Ist Corona-Erreger Sars-CoV-2 der dritte Kollaborateur im Bund mit den Herpes-Viren?

In zahlreichen Studien wurden mittlerweile Zusammenhänge zwischen Corona-Infektionen und dementiellen Erkrankungen festgestellt (siehe hierzu auch https://www.alzheimer-deutschland.de/aktuelles/beitraege/long-covid-neurologische-erkrankungen) bzw. ein neues Krankheitsbild namens „Neuro-Covid“ geschaffen, das für neurologische Folgen einer Long-Covid- oder Post-Covid-Erkrankung steht – siehe hierzu: https://www.alzheimer-deutschland.de/aktuelles/beitraege/studie-alzheimer-risiko-nach-covid-19-infektion

Auch die Forschenden, die jetzt Belege für die Beteiligung der Herpes-Viren bei der Entstehung von Demenz-Erkrankungen erbracht haben, bringen diesen Gedanken ins Spiel: Es sei möglich, dass Sars-CoV-2 sowohl schlummernde Varizella-Zoster- als auch Herpes-Simplex-Viren im Körper reaktivieren könne und dies müsse weiterhin untersucht werden.

Leider gibt es – wie bei Alzheimer- und anderen Demenz-Erkrankungen – auch gegen Herpes-Viren und deren zahlreiche gesundheitliche Auswirkungen noch kein Heilmittel. Mit Medikamenten lassen sich diese Viren nicht zerstören, derzeit soll lediglich deren Vermehrung gehemmt werden können. Herpes-Erkrankungen sind also nicht heilbar.

Weiterhin wird, zumal nach dem Wissenschaftsskandal der mutmaßlich gefälschten Studien in der Alzheimer-Forschung vor erst wenigen Wochen – siehe hierzu auch: https://www.alzheimer-deutschland.de/aktuelles/allgemein/skandal-in-der-demenz-forschung – mit Hochdruck am Einfluss der Viren in Bezug auf neurodegenerative Erkrankungen geforscht. Doch ein Medikament gegen Alzheimer-Demenz und andere Formen der Demenz ist auch auf lange Zeit nicht in Sicht.

Umso mehr sei in diesem Kontext angeraten, sich mehr mit der Transkraniellen Pulsstimulation (TPS) als probate Option zur Behandlung der Alzheimer-Demenz zu beschäftigen, deren wissenschaftliche Belegbarkeitsdaten sich mittlerweile nahezu monatlich ausweiten.

Quelle:
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/35754275/