Einfacher Test zur Früherkennung von Alzheimer und Demenz soll bald verfügbar sein

Alzheimer und andere Demenz-Erkrankungen nehmen weltweit besonders stark zu. Es gibt bisher keine Heilung und die Ursachen sind noch nicht vollständig erforscht. Neue Medikamente wie Lecanemab stehen wegen ihrer hohen Nebenwirkungen, den Kosten und dem umfangreichen organisatorischen Aufwand in der Kritik und physikalische Therapien wie die Transkranielle Pulsstimulation (TPS), die das Fortschreiten der Krankheit verzögern und die Lebensqualität der Betroffenen einfach und ambulant verbessern können, sind längst noch nicht weit genug verbreitet, um maßgeblich zur Eindämmung der Folgen dieser Erkrankungen beitragen zu können.

Die aktuellen Entwicklungen führen auch zu einer dramatisch steigenden Zahl pflegebedürftiger Menschen. In Deutschland war die Bevölkerung gerade Ende Mai 2024 schockiert, als Gesundheitsminister Karl Lauterbach neue Zahlen präsentierte: 360.000 neue Pflegefälle im Jahr 2023, weit mehr als die erwarteten 50.000. Lauterbach bezeichnete dies als „explosionsartige“ Zunahme und sprach von einem gesamtgesellschaftlichen „akuten Problem“.

Früherkennung und Prävention: Neue Methoden zur Eindämmung von Demenzerkrankungen

Eine frühe Diagnose und vorbeugende Maßnahmen sind entscheidend, um das Risiko von Alzheimer und anderen Demenzerkrankungen zu verringern. Neben neuen Bluttests (siehe hierzu auch: https://www.alzheimer-deutschland.de/aktuelles/alzheimer-praevention/alzheimer-demenz-frueh-erkennen-test ) haben ungarische Forscher jetzt einen einfachen Sprachtest entwickelt, der in nur 60 Sekunden entscheidende Hinweise darauf geben kann, ob eine Person möglicherweise bereits an Demenz erkrankt ist oder ein erhöhtes Risiko hat, dies in naher Zukunft zu tun.

Dieser Test dient zwar dezidiert nicht der genauen Diagnose, sondern soll vor allem Hausärzten helfen, die nur wenig Zeit pro Patient haben: Mit dem kurzen Test könnten sie schneller entscheiden, ob ein Patient zu einem Facharzt für umfangreichere Demenztests überwiesen werden sollte. So kann wertvolle Zeit gewonnen werden. Außerdem soll der Test dazu beitragen, dass Patienten, die ein positives Testergebnis erhalten, sich frühzeitig mit Präventionsmaßnahmen auseinandersetzen (siehe hierzu auch: https://www.alzheimer-deutschland.de/aktuelles/alzheimer-praevention ).

Neue Methode zur Früherkennung von kognitiven Beeinträchtigungen

Die Analyse von Sprachmustern könnte maßgeblich helfen, leichte kognitive Beeinträchtigungen frühzeitig zu erkennen und das Risiko einer zukünftigen Demenzerkrankung abzuschätzen. Diese Erkenntnisse wurden kürzlich auf dem „32. European Congress of Psychiatry“ in Spanien vorgestellt.

Der Psychiater Dr. János Kálmán und sein Team von der Universität Szeged in Ungarn haben in den letzten fünf Jahren den sogenannten Speech-Gap-Test (S-GAP-Test) entwickelt. Dieser Test analysiert zeitliche Besonderheiten in der Sprachproduktion. Ein großer Vorteil des Tests ist, dass er nicht durch die Komplexität der sprachlichen Inhalte beeinflusst wird.

S-GAP-Test: Einfacher Sprachtest zur Früherkennung von Demenzrisiken

Der Speech-Gap-Test analysiert verschiedene Aspekte der Sprachproduktion, wie die Sprechgeschwindigkeit, die Häufigkeit und Dauer von Pausen sowie Zögern beim Sprechen. Die Studien haben gezeigt, dass eine 60-sekündige Sprachprobe ausreicht, um aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen. Andere ähnliche Tests, die sich ebenfalls in der Entwicklung befinden, benötigen viel umfangreichere Sprachproben und damit mehr Zeit.

Das Forschungsteam wählte dabei übrigens die zeitlichen Sprachparameter, weil sie weniger von kulturellen und bildungsbedingten Unterschieden beeinflusst werden und zuverlässigere Ergebnisse liefern könnten als semantische Analysen. Diese Parameter sind weniger von der Bedeutung der Worte und Sätze beeinflusst und konzentrieren sich stattdessen auf das Timing und die Rhythmik der Sprache.

Vielversprechende Ergebnisse auch über Sprachbarrieren hinweg

Obwohl der S-GAP-Test ursprünglich für ungarische Muttersprachler entwickelt wurde, funktioniert er auch bei englischen und deutschen Muttersprachlern effektiv, wie weitere Forschungen des Entwickler-Teams mittlerweile zeigten. Der nächste Schritt besteht nun darin, den Test mit spanischen Muttersprachlern nochmals auf seine Effektivität und Zuverlässigkeit hin zu überprüfen. Der S-GAP-Test dient dabei aktuell nur zur Früherkennung und nicht zur Diagnose von Demenzerkrankungen. Dr. Kálmán und sein Team haben nicht vor, den Test als Medizinprodukt registrieren zu lassen.

Von der Telemedizin zur breiten Anwendung: S-GAP-Test soll als App auf dem Handy verfügbar werden

Das Ziel des Forschungsteams hat sich zwischenzeitlich von einer rein telemedizinischen Lösung hin zu einer breiteren Anwendung verschoben, die bald für jedermann verfügbar sein könnte. Langfristig soll der S-GAP-Test als App verfügbar sein, die auf einem Smartphone genutzt werden kann. Dr. Kálmán plant auch eine fortschrittlichere Version des Tests, die zeitliche Sprachparameter mit Biomarkern oder anderen klinischen Parametern kombiniert. Ein solcher Test könnte dann auch Neurologen bei der Diagnose von Alzheimer und anderen Demenzerkrankungen unterstützen.

Quellen:

https://pubpeer.com/publications/8FF7E6996524B73ACB4A9EF5C0AACF
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/151686/Zahl-der-Pflegebeduerftigen-in-Deutschland-steigt-ueberraschend-massiv
https://www.eurekaselect.com/article/122670
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/35440309