Transkranielle Pulsstimulation dagegen gemäß Studie gut verträglich und sicher

Immer wieder gibt es, auch in Fachkreisen, intensive Diskussionen bezüglich Sinn und Nutzen des Einsatzes von Antidementiva,  Antidepressiva und Neuroleptika zur Behandlung der Alzheimer-Demenz. Viele Ärzten sagen bisher dazu: „Wir haben eben nichts Besseres.“ Wie steht es also um die aktuellen Standard-Medikationen, welche Medikamente werden am meisten eingesetzt und sind diese alle überhaupt für die Indikationen Alzheimer-Demenz bzw. andere Demenz-Formen explizit zugelassen?

Der heutige Standard, Menschen mit Alzheimer und anderen Demenz-Erkrankungen zu behandeln, ist die medikamentöse Therapie. Medikamente sollen den Krankheitsverlauf verzögern und demenzassoziierte Symptome verbessern. Aufhalten können sie die Krankheiten nicht. Tatsächlich gehören Antidementiva zur Gruppe der Psychopharmaka, also Arzneimittel, die Stoffwechselvorgänge im Gehirn und im zentralen Nervensystem beeinflussen und die mentale Verfassung der Betroffenen verändern.
Hinzu kommen noch die Gruppe der sog. Neuroleptika, die zur Behandlung von Psychosen entwickelt wurden. Darunter fasst man psychische Störungen zusammen, bei denen die Betroffenen die Realität verändert wahrnehmen oder verarbeiten. Neuroleptika sind also Antipsychotika,  die vor allem in Pflegeheimen bei Demenzpatienten verabreicht werden, um Aggressivität, Unruhe und Schlafstörungen entgegenzuwirken. Das Problem: Viele dieser Medikamente sind bei der Indikation Demenz gar nicht zugelassen, werden aber mangels Alternativen dennoch eingesetzt. Zudem erhöhen sie die kardiovaskuläre Sterblichkeit signifikant und fördern die Sturzneigung. Zwei Präparate aus dieser Gruppe, Risperidon und Haloperidol, sind eingeschränkt zugelassen bei mittelschwerer bis schwerer Alzheimer-Demenz, allerdings nur, wenn eine sehr starke Streitlust und Aggressivität bestehen.

Dass Medikamente, und hier vor allem Neuroleptika, oft unerwünschte, mitunter massive Nebenwirkungen haben können, ist allgemein bekannt. Doch auch Psychopharmaka gehören zu den Medikamenten, die häufig bei Demenz verschrieben werden – zu häufig und zu viel in der Dosierung, wie Fachleute schon lange monieren und deshalb vor einem allzu leichtfertigen Einsatz warnen.

Memantin, Donepezil, Rivastigmin & Co. – Wissenschaftliche Datenlage unklar

Kurz vorangeschickt: Medikamente, die zur Beeinflussung des Krankheitsverlaufs bei Demenz-Erkrankten angewandt werden, sind neben den Neuroleptika in zwei Gruppen aufgeteilt: Donepezil, Rivastigmin und Galantamin etwa gehören zu den Acetylcholinesterase-Hemmern, d. h. sie sollen die Wirkung des Enzyms „Acetylcholinesterase“ (AChE) hemmen. Bei Alzheimer-Demenz herrscht durch den Abbau der Nervenzellen ein Mangel des Botenstoffs Acetylcholin, den diese Medikamente ausgleichen sollen.

Memantin wiederum ist ein spannungsabhängiger, nicht-kompetitiver NMDA-Rezeptorantagonist, also ein „Gegenspieler“, ohne dass die Substanz durch den Agonisten,  der die Signaltransduktion in der zugehörigen Zelle aktiviert, verdrängt werden kann. Es blockiert die Wirkung von pathologisch erhöhten Konzentrationen von Glutamat. Da auch eine überhöhte Konzentration an Glutamat im Gehirn für das Absterben von Nervenzellen verantwortlich ist, soll Memantin u. a. die Übererregung der Nervenzellen im Gehirn dämpfen.

All diese Wirkstoffe sind pharmakologisch erprobt und für bestimmte Indikationen zugelassen, wobei die Grenzen in der Anwendung fließend sind. Ihr Nutzen im Bereich Demenz ist jedoch schlecht belegt, die Wirksamkeit in Subgruppen-Analysen nur von geringer Signifikanz und sie scheinen eine geringe Effektstärke zu haben. Die Studienlage zu Memantin beispielsweise ist recht dünn. Die meisten Aussagen beschränken sich maximal auf einen sechsmonatigen Behandlungszeitraum, innerhalb dessen bei einem von zehn Probanden (!) ein verzögerter Abbau der geistigen Leistungsfähigkeit festgestellt wurde. Es gibt keine wissenschaftlichen Belege, dass Patientinnen und Patienten mit einer mittelschweren oder schweren Alzheimer-Demenz von Medikamenten profitieren, die den Wirkstoff Memantin enthalten, kam das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) in einem Abschlussbericht schon im Jahre 2009 zu seiner finalen Einschätzung. Seither haben sich in der Forschung zu Memantin keine eklatanten neue Erkenntnisse ergeben.

Wirkung und Nebenwirkungen: Mehr Schaden als Nutzen?

Ob die vorgenannten Wirkstoffe den Verlauf einer Alzheimer-Demenz über Monate oder gar ein Jahr aufhalten können, ist nicht eindeutig festzumachen und ob sie die Lebensqualität verbessern, psychische Begleitsymptome wie Depressionen oder Angstzustände lindern oder den Zeitpunkt verzögern können, ab dem eine vollstationäre Pflege (also die Pflege in einem Heim) nötig wird, ist nicht geklärt bzw. erwiesen.

Die Daten zu den Nebenwirkungen allerdings sind deutlich: Die am häufigsten „aufgetretenen unerwünschten Arzneimittelwirkungen“ bei Memantin sind Schwindel, Kopfschmerzen, Verstopfung, Schläfrigkeit und erhöhter Blutdruck. Bei Donepezil, Rivastigmin und Galantamin können ebenfalls Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen und Schwindel auftreten. Sie treten umso häufiger auf, je höher die Dosis ist. So wird – je nach Wirkstoff – etwa ein bis drei von 10 Menschen von den Mitteln schlecht oder sie bekommen Durchfall. Hinzu kommen Nebenwirkungen wie Herzrhythmusstörungen, Herzinfarkte, Erregungszustände, Halluzinationen, Muskelzittern und Gang- und Sprachstörungen. Vermehrte Todesfälle im Rahmen von Studien kamen ebenfalls vor.

Wohl auch deshalb darf z. B. Risperidon laut Arzneimittel-Zulassungsbehörde nur dann eingesetzt werden, wenn nicht-medikamentöse Therapien nicht gewirkt haben und wenn die Erkrankten sich selbst oder andere gefährden könnten.

Doch Neurologen berichten, dass es leider ganz oft alternativlos sei, etwa mit Neuroleptika zu behandeln. Sie klären in der Praxis zwar über die erhöhte Sterblichkeit auf, aber der Leidensdruck der Betroffenen, der Angehörige und auch der Pflegenden sei oft so enorm, dass man derzeit meist (noch) keine Alternativen sähe! Darum solle man dennoch sehr vorsichtig mit Kritik an der Verschreibung sein, zumal diese meist von Personen käme, die nicht an der „Front“ stünden.

40% aller Demenz-Betroffenen erhalten Antidementiva und Neuroleptika

Viele Fachleute halten den Einsatz von Neuroleptika und anderen Gruppen der Psychopharmaka bei neurodegenerativen Erkrankungen für hochbedenklich. In einem Interview vom 26. September 2022 sprach die Zeitschrift „Apotheken Umschau“ mit der Psychiaterin Dr. Sarah Kohl vom Münchner Klinikum rechts der Isar über den Einsatz von beruhigenden Psychopharmaka bei Demenz. Dr. Kohl hält dieses Vorgehen für bedenklich und will den Einsatz von beruhigenden bzw. sedierenden Psychopharmaka bei Menschen mit Demenz reduzieren. Im Interview fasst sie die aktuelle Lage zusammen und plädiert für den verantwortungsvolleren und bewussteren Umgang mit Psychopharmaka bei Menschen mit Demenz: https://www.apotheken-umschau.de/pflege/pflegetipps/psychopharmaka-bei-demenz-dauerhafte-gabe-ist-ein-problem-898291.html

Transkranielle Pulsstimulation: Klar wirksam und letztlich nebenwirkungsfrei

Demgegenüber steht die Transkranielle Pulsstimulation als wissenschaftlich immer besser geprüftes und untersuchtes Behandlungsverfahren: Die niedrigenergetischen Stoßwellen-Pulse infiltrieren den menschlichen Organismus nicht wie medikamentöse Mittel, die alle Stoffwechselabläufe im Körper in vielerlei Hinsicht beeinflussen können – unerwünschte Veränderungen im Metabolismus eingeschlossen.

Stattdessen aktiviert und fördert die TPS  die Regenerationsfähigkeit des Gehirns und ist somit ein rein unterstützendes Verfahren für körpereigene Regulierungsprozesse. Dies konnten Forschende der Medizinischen Universität Wien zwischenzeitlich nachweisen und bestätigen so die mittlerweile tausendfachen Erfahrungen aus den mit der TPS arbeitenden Kliniken und Praxen, bei denen weder durch die Ärzt:innen noch durch die Betroffenen oder deren Angehörige kaum je sehr kurzzeitige leichte Kopfschmerzen oder kurzer Schwindel festgestellt wurden  (siehe hierzu auch: https://www.alzheimer-deutschland.de/aktuelles/kurzmeldungen/neue-daten-tps-therapie-sicher-gut-vertraeglich ).

Dabei ist die Transkranielle Pulsstimulation eine additive Behandlungsform, die als ergänzende Maßnahme zur bestehenden Medikation der Patient:innen eingesetzt wird. Damit die Betroffenen maximal von allen zur Verfügung stehenden medizinischen Möglichkeiten profitieren können, wäre es wünschenswert, wenn besondere Sorgsamkeit bei der Wahl und Dosis der Medikation erfolgen und die TPS immerhin als ergänzende Therapie-Option hinzugezogen würde.

Quellen:

https://www.apotheken-umschau.de/pflege/pflegetipps/psychopharmaka-bei-demenz-dauerhafte-gabe-ist-ein-problem-898291.html
https://dgn.org/presse/pressemitteilungen/positive-studie-zu-neuem-alzheimer-medikament-vor-publikation-der-daten-ist-jedoch-keine-serioese-einordnung-moeglich/
https://www.iqwig.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilungen-detailseite_10949.html
https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/wissen/alzheimer-demenz/welchen-nutzen-und-schaden-hat-risperidon
https://www.medical-tribune.de/medizin-und-forschung/artikel/kombinationstherapie-gegen-alzheimer-eher-enttaeuschend