Klinische Studie untersucht Einsatz der TPS bei depressiven Symptomen Demenz-Erkrankter

Alzheimer- oder auch andere Formen der Demenz-Erkrankungen gehen oft mit depressiven Verstimmungen oder  Depressionen einher. Nahezu die Hälfte aller Demenzerkrankten leidet unter typischen depressiven Symptomen wie Ängsten, Traurigkeit, Schlafstörungen, nervöser Unruhe, Aggressivität, häufigem Weinen und Abgeschlagenheit bis hin zu immer weniger werdendem Interesse an der Umwelt und sich selbst. Gerade bei einer beginnenden Demenz, in der der/die Betroffene selbst – deutlich oder auch nur vage – realisiert, was mit ihm/ihr geschieht, entstehen depressive Episoden besonders oft und verfestigen sich im Verlauf der Krankheit.

Eine im Januar 2022 publizierte randomisierte, scheinkontrollierte und doppelt verblindete Studie der Medizinischen Universität Wien, Abteilung für Neurologie, hat die Wirkung der Transkraniellen Pulsstimulation (TPS) nun auch im Hinblick auf Depression bei Alzheimer-Patient:innen untersucht.

Transkranielle Pulsstimulation (TPS) reguliert Gehirnnetzwerke und verbessert die funktionelle Konnektivität.

Die Wiener Forscher:innen analysierten bei 18 Alzheimer-Patient:innen die Veränderungen im sog. „Beck Depression Inventory“-Test (BDI-II) und die funktionelle Konnektivität (FC) mittels funktioneller Magnetresonanztomografie (MRT). Der BDI-II ist ein validiertes, psychologisches Testverfahren, das die Schwere depressiver Symptome erfasst und unter funktioneller Konnektivität versteht man, ganz vereinfacht gesagt, die Ermittlung der Synchronität von Signalschwankungen in bestimmten Gehirnregionen.

Dazu erhielten die Patient:innen eine vier-wöchige TPS-Behandlung mit drei Sitzungen je Woche. Die MRT-Datenerfassung und die neuropsychologischen Tests wurden jeweils in der Woche vor Beginn der TPS-Behandlungen und dann eine Woche nach der letzten TPS-Sitzung durchgeführt.

Das Ergebnis: Die Wissenschaftler stellten eine signifikante Verbesserung des BDI-II-Wertes fest. Dies bedeutet, bei allen Studien-Teilnehmer:innen besserten sich die depressiven Symptome deutlich. Auch die Analyse der funktionellen Konnektivität (FC) zeigte eine Normalisierung zwischen dem Salienz-Netzwerk (dies ist ein großräumiges Areal im Gehirn, das für sensorische, emotionale und kognitive Informationen zuständig ist) und dem ventromedialen Netzwerk im linken frontalen orbitalen Kortex. Letzterer ist zu Deutsch der „große Regisseur in unserem Kopf“, der für unsere Bewegungsmotorik zuständig ist und auch eine zentrale Rolle beim Nachdenken, Planen und Entscheiden innehält (mancher vermutet dort auch den Sitz der Persönlichkeit). Den Autoren zufolge zeigen die Ergebnisse, dass die TPS eine relevante und wirksame und – wenn sie bereits ohnehin Medikamente einnehmen – auch eine zusätzliche Behandlungsoption darstellen kann.

Transkranielle Pulsstimulation (TPS) auch als Behandlung bei anderen Formen der Depression anwendbar?

Depressionen als solche  sind ein ebenso wichtiges Thema wie etwa Demenz oder Parkinson. Allein in Deutschland leiden jährlich ca. 8,2% der Menschen an einer Depression. Das sind 5,2 Millionen Personen! Neurobiologisch betrachtet, sind während einer Depression zahlreiche Prozesse im Gehirn und im gesamten Organismus verändert. Dazu gehört z. B. die Produktion der Neurotransmitter Serotonin – umgangssprachlich auch gerne als das „Glückshormon“ bezeichnet – Dopamin oder Noradrenalin, die hierbei aus dem Gleichgewicht gerät. Es scheint so zu sein bzw. ist auch eine nur logische Konsequenz, dass die niederfrequenten Stoßwellen der Transkraniellen Pulsstimulation (TPS) die zur Lösung einer Depression notwendigen Prozesse an den Nervenzellen gezielt stimulieren, um so die zur Reizweiterleitung und -verarbeitung erforderlichen Botenstoffe wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Denn ob eine Depression nun durch eine Demenz-Erkrankung (oder übrigens auch umgekehrt, was ebenfalls der Fall sein kann!) entsteht oder durch andere Einflüsse, so ist die Biochemie im Gehirn doch stets per se gestört und scheint von den Stoßwellen der TPS regulierend und positiv beeinflusst werden zu können.

So jedenfalls zeigt es sich bereits vielfach in der Praxis bei jenen Anwender:innen der TPS, die die Stoßwellen-Therapie als sog. „off-label-Behandlung“ auch bei Depressionen, die nicht an eine Demenz-Erkrankung gekoppelt sind, durchführen.

Quellen:
1. Beisteiner R, Matt E, Fan C, et al. Transcranial pulse stimulation with ultrasound in Alzheimer’s disease—a new navigated focal brain therapy. Adv Sci. 2019;7:1902583.
2. Matt E, Dörl G, Beisteiner R. Transcranial pulse stimulation (TPS) improves depression in AD patients on state-of-the-art treatment. Alzheimer’s Dement.2022;8:e12245. https://doi.org/10.1002/trc2.12245