3.000 Euro private monatliche Zuzahlung für einen Pflegeplatz keine Seltenheit

Laut Statistischem Bundesamt sind in Deutschland etwa fünf Millionen Menschen pflegebedürftig. Rund 70 Prozent der Betroffenen werden zuhause gepflegt, die anderen leben in einem Pflegeheim – und müssen dafür immer tiefer in die Tasche greifen.

In Deutschland steigen die Pflegekosten für Heimbewohner:innen weiter drastisch an. Der Pflegeschutzbund „BIVA“ hat in Beratungen festgestellt, dass betroffene Senior:innen zurzeit Mehrkosten von bis zu 1.600 Euro monatlich melden. Diese Entwicklung ist unter anderem auf ein neues Gesetz zurückzuführen, das die tarifliche Bezahlung für Pflegekräfte vorschreibt. Zudem verschärfen der Fachkräftemangel, der Einsatz teurer Leiharbeitskräfte, hohe Energiepreise und die Inflation die Situation.

Nordrhein-Westfalen: Fast 50 Prozent der im Heim Lebenden müssen Grundsicherung beantragen

Als Ergebnis müssen beispielsweise in Nordrhein-Westfalen mittlerweile fast 50 Prozent der stationären Pflegebedürftigen Grundsicherung beim Sozialamt beantragen, und die Zahlen steigen weiter. In Duisburg etwa ist die Zahl der Anträge im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahr um beachtliche 20 Prozent angewachsen, berichtete der WDR am 13. August 2023.

Starke Unterschiede im Kostenvergleich nach Bundesland bzw. Stadt: Karlsruhe am teuersten

Dabei unterscheiden sich die Kosten, die Senior:innen und/oder ihre Familien jeden Monat selbst tragen müssen, je nach Bundesland bzw. Stadt deutlich: So kostet aktuell ein Pflegeplatz gemäß einer aktuellen Aufstellung der Vermittlungsplattform „marta“ etwa in Karlsruhe im Durchschnitt 2.899,77 Euro, im vorgenannten Duisburg 2.707,02, in München 2.590,25, in Wiesbaden 2.384,97 und in Dresden 2.103,07. Am günstigsten fahren die Betroffenen noch in Hamburg: Hier kostet ein Platz im Pflegeheim durchschnittlich „nur“ 1.937,81 Euro.

Die Kosten für die Pflegeversicherung selbst, die je nach Pflegegrad und Pflegedauer einen Teil der Gesamtkosten eines Pflegeplatzes trägt, sind im Juli 2023 ebenfalls von 3,05 auf 3,4 Prozent  angestiegen. Dadurch werden die Einnahmen der Pflegeversicherung jährlich um 6,6 Milliarden Euro ansteigen, wobei für dieses Jahr ein Zuwachs von 3,3 Milliarden Euro erwartet wird. Neu ist auch, dass die Bundesregierung ermächtigt wurde, diese Beiträge durch Rechtsverordnung zu erhöhen, um ggf. kurzfristig auf Finanznöte der Pflegeversicherung reagieren zu können.

Aktuelle Forsa-Umfrage: Nur 14 Prozent der Befragten geben an, diese Kosten selbst tragen zu können

In einer vergangene Woche vorgestellten repräsentativen Forsa-Erhebung von Anfang August wurden 1.010 Personen über 18 Jahre online zur Pflege und anderen Themen befragt. Dabei unterschätzten drei Viertel der Befragten die Summen, die sie im Pflegefall persönlich aufbringen müssten. Insbesondere die unter 45-Jährigen schätzen demnach die Kosten als zu gering ein. Nur jeder Zehnte konnte einen Betrag angeben, der den aktuellen Kosten entspricht – und: nur 14 Prozent gehen der Umfrage zufolge davon aus, diese Kosten im Pflegefall selbst stemmen zu können.

Zur Diskussion steht die Installierung einer Pflegevollversicherung, für die zahlreiche Verbände eintreten. Auch die meisten Befragten der Forsa-Erhebung wünschen sich, nur zu verständlich, eine Pflegevollversicherung. Allerdings wäre sie auf den aktuellen Grundlagen kaum bezahlbar. Denn über höhere Beiträge müssten wiederum auch Menschen mit niedrigeren Einkommen – und das ist die große Mehrheit-  aufkommen, die ohnehin schon belastet genug sind.

Dem demografischen Wandel ist nichts entgegenzusetzen, den Kostenexplosionen und dem Umgang mit erkrankten und pflegebedürftigen Menschen jedoch schon. Prävention und Eigenverantwortung in der Lebensführung (siehe hierzu auch: https://www.alzheimer-deutschland.de/ueber-alzheimer-demenz/demenz-erkennen-vorbeugen) können, so ist wissenschaftlich gesichert, viel dazu beitragen, die Notwendigkeit der Pflege in einem Heim zu vermeiden oder hinauszuzögern.

Darüber hinaus wäre es wünschenswert und sinnvoll, innovative, sichere und belegbar wirksame Therapien, beispielsweise aus dem Bereich der Gehirnstimulationsmethoden wie etwa die Transkranielle Pulsstimulation (TPS) allen Betroffenen über das Krankenkassen-System zugänglich zu machen. Eine Therapie, die weniger kostet als ein einzelner Monat im Pflegeheim, könnte zahllose Familien – und auch das System selbst – deutlich entlasten.

Quellen:

https://www1.wdr.de/nachrichten/landespolitik/gestiegene-pflegekosten-100.html
https://www.biva.de/deutsches-pflegesystem/pflege-leistungen-finanzierung/stationaer/was-kostet-ein-platz-im-pflegeheim/
https://www.marta.de/
https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/politik/pflege-kosten-versicherung-eigentanteil-100.html
https://www.sovd.de/presse/pressemitteilungen/meldung/umfrage-zu-pflegekosten-grosse-mehrheit-fuer-vollversicherung-in-der-pflege