McGill University in Montreal/Kanada identifiziert vier Subtypen der Alzheimer-Erkrankung
Bei Alzheimer-Demenz gibt es offenbar vier Subtypen, also Varianten, die sich an der Verteilung der krankmachenden Tau-Proteine im Gehirn erkennen lassen. Damit sind auch unterschiedliche Symptome und Prognosen verknüpft. Dies haben Wissenschaftler der McGill University in Montreal/Kanada im Fachmagazin „Nature Medicine“ publiziert.
Seit längerem mehren sich die Hinweise, dass auch die Anreicherung von sog. fädigen Tau-Proteinen in den Gehirnzellen deren Abbau beschleunigt (Tau-Proteine sind Bestandteil der Neuronen. Beim Zerfall der Nervenzellen bilden sie Aggregate, die als Tau-Fibrillen bezeichnet werden). Bei einer näheren Untersuchung dieser Tau-Proteine haben die Forscher nun eine potentiell bedeutsame Entdeckung gemacht: Im Gegensatz zu den bisherigen Annahmen scheint die Anreicherung der krankhaften Tau-Proteine vier verschiedenen Subtypen zu folgen, so dass das Konzept der „typischen“ Alzheimer-Krankheit möglicherweise neu bewertet werden muss.
Die vier Subtypen im Überblick
Bildquelle: Jacob Vogel / Lund-University
Subtyp 1 ist durch eine Ausbreitung der Tau-Fibrillen innerhalb des Schläfenlappen gekennzeichnet und führt vor allem zu ausgeprägten Gedächtnisproblemen. Die restlichen Hirnfunktionen sind dagegen weniger betroffen, wie Vogel und sein Team berichten. Dieser Typ trat bei 33 Prozent der untersuchten Alzheimer-Patienten auf, die meisten von ihnen trugen das Alzheimer-Risikogen APOE4.Beim Subtyp 2 sind die Tau-Proteine dagegen im gesamten Cortex verteilt, häufen sich aber leicht in der rechten Hirnhälfte. Die rund 18 Prozent von dieser Variante Betroffenen haben weniger Defizite im Gedächtnis, aber dafür größere Probleme bei sogenannten exekutiven Funktionen wie beispielsweise der Fähigkeit, Handlungen zu planen und auszuführen. Im Schnitt die sind die Patienten mit diesem Subtyp zudem jünger und seltener Träger des APOE4-Gens.
Subtyp 3 betrifft rund 30 Prozent der Alzheimer-Patienten, darunter vorwiegend ältere. Typischerweise sind bei ihnen die Tau-Proteinfäden vor allem im visuellen Cortex konzentriert. Dadurch wird die Verarbeitung optischer und räumlicher Eindrücke gestört und Patienten haben Schwierigkeiten, sich zu orientieren sowie Formen, Konturen, Entfernungen oder Bewegungen zu erkennen und zu unterscheiden.
Beim Subtyp 4 sind die Tau-Fibrillen zwar im gesamten Gehirn verteilt, reichern sich aber vorwiegend in der linken Hirnhälfte und dem linke Schläfenlappen an. Die Betroffenen leiden weniger stark unter Gedächtnisproblemen, dafür ist der allgemeine geistige Abbau ausgeprägt und oft entwickeln sich auch Sprachprobleme. Diese Variante trat bei 19 Prozent der Fälle auf.
Relevant für Diagnose und Therapie
„Dieses Wissen ist wichtig für Ärzte, die Patienten mit Alzheimer untersuchen und behandeln. Denn es könnte dazu beitragen, typische Ausfälle und Symptome besser zu erkennen. Zudem könnte die Kenntnis des Subtyps dabei helfen, den Verlauf der Demenz vorherzusagen und so auch die Therapie zu optimieren. Es wäre zudem durchaus denkbar, dass die vier Subtypen auch unterschiedlich auf verschiedene Behandlungen ansprechen“, sagt der Neurologe Prof. Oskar Hansson von der schwedischen Lund-University, die ebenfalls an den Subtypen bei Alzheimer-Erkrankungen forschen.
Weitere Studien sollen nun diese Ergebnisse überprüfen und mehr Informationen über ihre Hintergründe erbringen.
Hinweis: Dies ist eine deutlich gekürzte Version des Artikels „Vier Subtypen von Alzheimer identifiziert“, der am 03. Mai 2021 auf www.scinexx.de erschien. Den gesamten Artikel finden Sie unter diesem Link:
https://www.scinexx.de/news/medizin/vier-subtypen-von-alzheimer-identifiziert/
Weitere Informationen zu den Studien finden Sie direkt auf der Website der schwedischen Lund Universität (Englisch):
https://www.lunduniversity.lu.se/article/alzheimers-disease-composed-four-distinct-subtypes