Neue Studien und Untersuchungen festigen den wissenschaftlichen Stand der TPS
Das Jahr 2023 hat wichtige Fortschritte in der Erforschung von Hirnstimulationsverfahren gebracht, die für Patient:innen, die Medizin und auch die Gesellschaft neue Möglichkeiten in der Therapie aufzeigen. Mit der Zunahme von Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson, Depressionen und den langanhaltenden Effekten von Covid-19 wird die Suche nach wirksamen Behandlungen immer dringlicher.
Einer der spannendsten Bereiche in dieser Forschung sind die nicht-invasiven Hirnstimulationsverfahren, kurz NIBS genannt. Diese Methoden, die keine Operationen erfordern, gewinnen immer mehr Anerkennung als vielversprechende Behandlungsmöglichkeiten. Sie sind nicht nur in der Neurologie und Psychiatrie ein Thema, sondern bieten auch neue Perspektiven für Patient:innen und die Gesundheitssysteme.
In Bezug auf die zunehmende Anerkennung dieser Verfahren, ist die Tiefe Hirnstimulation (THS) ein ermutigendes Beispiel, die dieses Jahr offiziell als erstes Neurostimulationsverfahren zur Behandlung für Parkinson-Symptome anerkannt und in die neuen Leitlinien aufgenommen wurde. Obwohl die THS nicht zu den NIBS zählt, da sie eine Operation erfordert, zeigt sie, wie wirkungsvoll Hirnstimulation sein kann und dass ein Paradigmen-Wechsel in der Medizin bzw. im Gesundheitssystem stattfindet. Dieser Erfolg lässt hoffen, dass die nicht-invasiven Methoden in Zukunft ebenso diesen Stand erreichen und damit eine neue Ära in der Behandlung von Hirnerkrankungen einläuten.
Neben den bereits verfügbaren nicht-invasiven Hirnstimulationsmethoden wie etwa der tiefen Magnetstimulation (TMS), der transkraniellen Gleichstromstimulation (tDCS) und der fokussierten Ultraschallstimulation (FUS), die nach Jahrzehnten der Forschung ebenfalls vermehrt Aufmerksamkeit finden, ist es aber vor allem die Transkranielle Pulsstimulation (TPS), die in den Fokus der Wissenschaft gerückt ist und im Jahr 2023 bemerkenswerte Fortschritte verzeichnen konnte.
Transkranielle Pulsstimulation (TPS): Ambulantes Verfahren wird zunehmend erforscht und angewandt
Mittlerweile betreiben über 20 renommierte Universitäten und Kliniken weltweit Forschung zur Transkraniellen Pulsstimulation (TPS). Nachdem schon das Jahr 2022 einen deutlichen Zuwachs an Forschungsergebnissen ergeben hatte, wurden im Jahr 2023 sechs neue Studien und 15 weitere wissenschaftliche Publikationen und Poster zur TPS präsentiert, was das zunehmende wissenschaftliche Interesse an dieser Therapieform unterstreicht.
Neben der nachgewiesenen Sicherheit und dem therapeutischen Nutzen bei Alzheimer-Demenz, der Hauptindikation für TPS, beschäftigen sich Forschende heute auch mit anderen Anwendungsmöglichkeiten: Dazu gehören Morbus Parkinson, andere Formen der Demenz, Fatigue, Post-Covid-Syndrome, Depressionen, Autismus und ADHS. Auch in diesen Bereichen zeigt TPS in wissenschaftlichen Arbeiten erste vielversprechende Effekte. Dies wurde z. B. von Prof. Lars Wojtecki vom Hospital zum Heiligen Geist Kempen und der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf im Rahmen eines internationalen Experten-Meetings im November 2023 bestätigt, an dem über 60 Fachleute aus 14 Ländern teilnahmen. Er formulierte, dass die TPS nun auf gutem Wege in Richtung Evidenz sei.
Über 10.000 Patient:innen behandelt: TPS bewährt sich zunehmend in der Alzheimer-Therapie
Das Neuromodulationsverfahren der Transkraniellen Pulsstimulation (TPS), erforscht seit den frühen 1990er Jahren, hat mit dem seit August 2018 Œ-zugelassenen Stoßwellensystem NEUROLITH „zur Behandlung des zentralen Nervensystems bei Alzheimer-Demenz“ international an Bedeutung gewonnen. Diesen Anstieg an Popularität verdankt die Therapie den signifikanten Vorteilen, die TPS sowohl für Patient:innen als auch für medizinisches Fachpersonal bietet. Ein Schlüsselelement ist die ambulante Durchführung des Verfahrens, wobei die kurzen, niedrigenergetischen Stoßwellenimpulse dank fortschrittlicher Technologie besonders tief und präzise in die zu behandelnden Gehirnregionen vordringen. Diese Eigenschaft unterscheidet die TPS deutlich von anderen nicht-invasiven Hirnstimulationsmethoden, die oft aufwendiger sind und deren Aktionsradius kleiner ist.
Ein weiterer Vorteil der Transkraniellen Pulsstimulation (TPS) ist die Effizienz der Behandlung. Jede Sitzung dauert nur etwa 30 Minuten und wird von den Patient:innen gut vertragen, wobei sie ihren täglichen Lebensrhythmus ohne Unterbrechungen und Einschränkungen fortführen können. Diese kurzen, aber effektiven Behandlungen machen die TPS zu einer attraktiven Option für diejenigen, die eine wirksame Behandlung mit minimaler Beeinträchtigung ihres Alltags suchen.
Forschung und Praxis decken sich: TPS kann Krankheitsverläufe dauerhaft bremsen
In den klinischen Studien, aber auch in der Praxis hat die Transkranielle Pulsstimulation (TPS) bislang bemerkenswerte Ergebnisse gezeigt. Bei Alzheimer-Demenz konnte sie den Verlauf der Erkrankung aufhalten bzw. deutlich verlangsamen. Darüber hinaus wurden Verbesserungen in Gedächtnisleistungen, den Exekutivfunktionen und eine Verringerung von Depressionen bei Patienten beobachtet.
Ein weiterer positiver Aspekt ist, dass diese Effekte in Langzeitbeobachtungen über Jahre anhalten können, besonders wenn die Patient:innen regelmäßige Auffrischungsbehandlungen – üblicherweise eine 30-minütige Sitzung alle sechs Wochen – erhalten. Von Bedeutung ist dabei, dass nur wenige Nebenwirkungen wie leichte Kopfschmerzen, Müdigkeit oder Schwindel, berichtet wurden. Diese sind mild, betreffen nur etwa vier Prozent der Patient:innen und klingen ohne zusätzliche Medikamente binnen kurzer Zeit ab.
Kritik zur Transkraniellen Pulsstimulation (TPS) wird leiser: Wissenschaftlicher Nachweis wächst
Noch im Jahr 2021 und Anfang 2022 war auch Kritik an der TPS-Therapie entstanden: Zwar als ‚interessante Möglichkeit mit Potential für die Zukunft‘ angesehen, monierten Verbände damals den Mangel an größeren Studien, zumal placebo-kontrolliert. Gleiches galt aber auch für andere nicht-invasive Hirnstimulationsmethoden.
Mittlerweile wendet sich das Blatt: Mit der zunehmenden Studienlage und höherem Patient:innen-Aufkommen, dem umfangreicheren Nachweis an den Wirkmechanismen der TPS ((Mechanotransduktion und damit die Erhöhung der Zellpermeabilität zur Förderung der Durchlässigkeit der Zellmembranen, Ausschüttung von Neurotransmittern wie dem VEGF, Erhöhung der Botenstoffe Serotonin und Dopamin, Freisetzung von Stickoxid sowie Produktion, Differenzierung und Wanderung von Stammzellen und Korrelation von tiefen BDNF-Konzentrationen im Gehirn, Öffnung der Blut-Hirn-Schranke, um nur einige Faktoren zu nennen) und der intensiven Forschung an renommierten Universitäten, wartet man nun offensiv und gespannt auf künftige Daten.
Neue Ära in der Medizin: Hirnstimulation als Schlüsselelement fortschrittlicher Therapien
Einige sind sich Expert:innen jedenfalls, dass Hirnstimulationsverfahren künftig eine entscheidende Rolle im Kampf gegen neurologische und psychiatrische Erkrankungen spielen werden, und zwar sowohl aus medizinischer als auch aus gesellschaftlicher Sicht. Die Deutsche Gesellschaft für klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung (DGKN) etwa betonte in einer Pressemitteilung vom 28. Februar 2023, dass diese vielversprechenden Behandlungsmethoden in Zukunft die Patientenversorgung erheblich verbessern könnten.
Das Center for Responsible Research and Innovation (CeRRi) des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) geht noch weiter. In ihrem Whitepaper vom Juli 2023 präsentierten sie eine Vision, in der nicht-invasive Hirnstimulationsverfahren (NIBS) eine zentrale Rolle in einer wünschenswerten Zukunft innerhalb der EU spielen. Sie heben hervor, dass technologische Therapieansätze für eine gesündere Bevölkerung von entscheidender Bedeutung sind. Weitere Informationen dazu finden sich unter: https://publica.fraunhofer.de/entities/publication/c305e42c-4c07-497c-8860-460ccb5e0a7c/details ).
Verborgene Stimmen: Warum Patienten- und Ärzteerfahrungen mehr Gehör finden müssen
Trotz ihrer zunehmenden Bedeutung finden die nicht-invasiven Hirnstimulationsverfahren (NIBS) in den Medien und der Öffentlichkeit noch zu wenig Beachtung, wie auch das Fraunhofer-Institut in seinem Whitepaper kritisiert. Im Gegensatz dazu werden neue Antikörper-Medikamente wie Lecanemab und Donanemab häufig diskutiert, oft mit großen Versprechen an die Betroffenen. Jedoch bleibt die Erwähnung von NIBS in den Medien (noch) begrenzt.
Zum Welt-Alzheimertag 2023 am 21. September 2023 gab es jedoch einen Lichtblick: Prof. Ullrich Wüllner, Direktor der Klinik für neurodegenerative Erkrankungen am Universitätsklinikum Bonn, wurde von „RTL Aktuell“ zur Transkraniellen Pulsstimulation (TPS) interviewt. Auch er berichtete von stabilen Krankheitsverläufen bei zwei Dritteln seiner Patienten, wobei sich ihre geistige Leistungsfähigkeit nicht verschlechterte. Trotz des frühen Stadiums seiner wissenschaftlichen Arbeit an der TPS ist Prof. Wüllner optimistisch und stellt gegenüber „Alzheimer Deutschland“ weitere Studien, auch zu Parkinson, in Aussicht (siehe hierzu: https://www.alzheimer-deutschland.de/mediathek/fernsehen-tv ).
Viele Patient:innen und ihre Angehörigen, die von der TPS profitiert haben, berichten von signifikanten Verbesserungen in der Lebensqualität und das positive Anhalten über Jahre hinweg (siehe hierzu exemplarisch: https://www.alzheimer-deutschland.de/aktuelles/interviews/leben-mit-alzheimer-interview-zur-tps ). Ärzt:innen, die die TPS anwenden, bestätigen diese Erfolge: Ihre Patient:innen erfahren merkliche Verbesserungen in Gedächtnis- und Exekutivfunktionen, eine Verringerung von Depressionen und Ängsten und einen Rückgang des sozialen Rückzugs. Diese effektive, nebenwirkungsfreie Therapie führt zu einem erneuerten, lebenswerten Alltag, sind sich die mit der TPS arbeitenden Mediziner:innen einig.
Trotz dieser Erfolge sind sich Patient:innen und behandelnde Ärzte einig, dass innovative Therapien wie die TPS noch viel zu schwer zu finden sind. Häufig gelangen Betroffene erst durch eigene Recherche und Initiative zu solchen Behandlungen, was in Anbetracht der Dringlichkeit für Millionen Betroffene und längst überlastete Gesundheitssysteme bedauerlich ist.