Was Betroffene und Angehörige jetzt wissen müssen:
Chancen, Risiken und Einschränkungen von Lecanemab

Vergangene Woche wurde nach langer Wartezeit erstmals in der EU ein Medikament zur kausalen Behandlung der Alzheimer-Demenz zugelassen, das direkt in den Krankheitsprozess von Alzheimer eingreift. Dementsprechend wird die Zulassung des Antikörper-Medikaments Lecanemab (Handelsname: Leqembi) am 15. April 2025 in der EU wird vielerorts als Meilenstein gefeiert. „Endlich ein Medikament, das mehr kann, als nur Symptome zu lindern“, so der Tenor in vielen Medien.

Doch was verbirgt sich hinter diesem neuen Wirkstoff tatsächlich? Und für wen ist er überhaupt geeignet? Die Fachwelt ist gespalten: Während die einen von einem Durchbruch sprechen, mahnen andere zur Vorsicht und halten den Einsatz von Lecanemab bei Patienten, vor allem wegen der möglichen Nebenwirkungen, der hohen Organisationslast und der enormen Kosten für zu verfrüht. Unser Artikel beleuchtet Wirkung, Nutzen und Nebenwirkungen der neuen Therapie – und ordnet die aktuellen Erkenntnisse verständlich ein.

Wie Lecanemab wirken soll – und was das Antikörper-Medikament nicht leisten kann

Ein Medikament zu finden, das den Verlauf der Alzheimer-Krankheit aufhalten oder zumindest verlangsamen kann – das ist seit Jahrzehnten die große Hoffnung von Millionen Betroffenen und ihren Familien. Bisher war die Forschung auf diesem Gebiet nicht erfolgreich und es standen lediglich Arzneimittel zur Verfügung, die die Symptome etwas lindern konnten, wie die sogenannten Cholinesterasehemmer oder Memantin. Doch Medikamente, die wirklich in das Krankheitsgeschehen der Alzheimer-Krankheit selbst eingreifen und den Krankheitsverlauf bremsen, gab bislang nicht.

Mit Lecanemab wurde daher erstmals auch in der EU ein Wirkstoff zugelassen, der genau das leisten soll. Lecanemab ist ein biotechnologisch hergestellter Antikörper, der gezielt gegen Beta-Amyloid vorgeht – jene Eiweißablagerungen, die sich bei Alzheimer-Patienten im Gehirn anreichern und dort vermutlich Nervenzellen schädigen. Diese sogenannten Plaques gelten laut der gängigen Amyloid-Hypothese als eine der Hauptursachen für die Erkrankung – auch wenn zunehmend andere Faktoren wie chronische Entzündungen, Infektionen oder Stoffwechselprozesse als mögliche Mitverursacher in den Fokus der Forschung rücken.

Lecanemab-Infusion - Alzheimer DeutschlandDie Anwendung von Lecanemab erfolgt als Infusion, die alle zwei Wochen verabreicht werden muss (das entspricht 26 Infusionen pro Jahr). Der Antikörper soll die Ablagerungen abbauen und deren Neubildung verhindern. So könnte der Krankheitsprozess verlangsamt werden – zumindest in einem sehr frühen Stadium. Laut den Herstellern Eisai (Japan) und Biogen (USA) konnte der geistige Abbau im Durchschnitt um etwa 27 Prozent verzögert werden. Das entspricht – je nach Interpretation – einem rechnerischen Zeitgewinn von fünf bis sieben Monaten. Allerdings weisen Fachleute darauf hin, dass dieser Unterschied so gering ausfällt, dass er im Alltag von den meisten Betroffenen selbst nicht wahrgenommen wird.

Jedoch muss klar sein: Von Heilung kann keine Rede sein. Lecanemab markiert einen ersten Schritt in der medikamentösen Behandlung der Alzheimer-Krankheit – ein Schritt, der wissenschaftlich bedeutsam ist, klinisch jedoch nur begrenzte Wirkung entfaltet. Für von Alzheimer Betroffene bedeutet das kein Aufhalten der Erkrankung, sondern bestenfalls eine kleine Verlangsamung – unter großen Auflagen, mit spürbaren Risiken und bislang ungewissem Nutzen im Alltag.

Nur für wenige geeignet – warum Lecanemab nicht für alle Alzheimer-Patienten infrage kommt

Die Zulassung von Lecanemab in der EU ist an sehr strenge Voraussetzungen geknüpft – und das hat gute Gründe. Das Medikament darf ausschließlich bei Menschen eingesetzt werden, die sich im sehr frühen Stadium der Alzheimer-Erkrankung befinden, also bevor die Krankheit zu weit fortgeschritten ist. Voraussetzung ist zunächst eine gesicherte Diagnose mithilfe sogenannter Biomarker – also messbarer Veränderungen im Gehirn oder Nervenwasser, die das Vorliegen der Alzheimer-typischen Ablagerungen belegen.

ApoE4-Gen - Alzheimer-RisikoZusätzlich ist ein genetischer Test erforderlich, denn eine zentrale Rolle beim Einsatz von Lecanemab spielt das sogenannte ApoE4-Gen. Dieses Gen beeinflusst, wie empfindlich das Gehirn auf Amyloid-Ablagerungen reagiert – und auch, wie hoch das Risiko für Nebenwirkungen bei der Behandlung mit Lecanemab ist. Menschen, die zwei Kopien des ApoE4-Gens besitzen – also eine von jedem Elternteil –, tragen ein deutlich höheres Risiko für gefährliche Komplikationen. Für sie ist die Therapie daher ausgeschlossen. Zugelassen ist das Medikament nur für Personen mit maximal einer Kopie dieses Risikogens.

Doch selbst wer diese genetische Voraussetzung für die Therapie mit Lecanemab erfüllt, muss sich auf eine intensive medizinische Begleitung einstellen: Vor allem zu Beginn der Behandlung sind regelmäßige MRT-Untersuchungen notwendig, und dann jeweils vor der 5., 7. und 14. Infusion. Nur so lassen sich mögliche Schwellungen oder Blutungen im Gehirn frühzeitig erkennen.

All das macht deutlich: Die Therapie mit Lecanemab ist aufwändig und nur für einen kleinen Teil der Betroffenen überhaupt zugänglich. Schätzungen zufolge erfüllen in Deutschland derzeit nur etwa 20.000 Menschen die medizinischen Kriterien für eine mögliche Behandlung.

Klinischer Fortschritt oder Zahlenkosmetik? Was die Studien wirklich zeigen

Die zentrale klinische Studie, die nun zur Zulassung von Lecanemab führte – bekannt unter dem Namen CLARITY AD – wurde mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. In dieser Studie zeigte sich, dass der geistige Abbau bei Alzheimer-Patienten im Frühstadium unter der Behandlung mit Lecanemab im Vergleich zur Placebo-Gruppe um rund 27 Prozent verlangsamt werden konnte. Das klingt zunächst vielversprechend – doch ein genauerer Blick auf die Daten ist notwendig.

Konkret bedeutet dieses Ergebnis einen Unterschied von 0,45 Punkten auf einer 18-Punkte-Skala, mit der kognitive Fähigkeiten wie Orientierung, Sprachvermögen oder Erinnerungsleistung gemessen werden. Der tatsächliche Nutzen für die Betroffenen bleibt damit äußerst gering – viele Experten zweifeln daran, ob ein solcher Unterschied für Patienten und Angehörige im Alltag überhaupt spürbar ist.

Zum Vergleich: Der seit vielen Jahren eingesetzte Wirkstoff Donepezil, der zu den sogenannten Cholinesterasehemmern gehört, wirkt ganz anders. Er greift nicht in den Krankheitsprozess ein, sondern verbessert kurzfristig die Signalübertragung zwischen den Nervenzellen – also sozusagen die Kommunikation im Gehirn. In Studien erzielte Donepezil dabei eine durchschnittliche Verbesserung von 2,9 Punkten auf derselben Skala – und das ohne genetische Tests, ohne MRT-Pflicht und mit deutlich geringerer Nebenwirkungsrate.


Kleine Effekte, große Diskussion – wie viel bringt die neue Therapie?

Angesichts dieser Zahlen sprechen manche Fachleute sogar von einem „Hype um minimale Effekte“. Und sie stellen die unbequeme, aber wichtige Frage: Ist eine winzige Verzögerung, die für die Betroffenen selbst kaum spürbar ist, wirklich ein Fortschritt – oder doch eher ein symbolischer Etappensieg der Forschung?

Dr. med. Johannes Heinemann, Neurologe an der Universität Freiburg und medizinischer Experte für Neurologie beim Online-Fachportal „DocCheck“ fasst die komplexe Situation für „Alzheimer Deutschland“ zusammen: „Lecanemab ist nun auch in der EU zugelassen. Das ist keine Überraschung, denn die EMA hatte die Zulassung bereits im November letzten Jahres empfohlen und die EU-Kommission folgt in der Regel den Empfehlungen der EMA. Es war also nur eine Frage des Wann, nicht des Ob.

Bei vielen Betroffenen ist die Hoffnung jetzt groß, da es sich um die erste krankheitsmodifizierende Therapie bei Alzheimer handelt. Das bedeutet, dass Lecanemab direkt in den Krankheitsprozess eingreift. Diese Hoffnungen muss man leider etwas bremsen, da der Therapieeffekt doch recht überschaubar ist. Immer wieder wird berichtet, dass der Krankheitsprogress um ca. 30% verlangsamt wird, was zunächst nach einem durchschlagenden Erfolg klingt. Schaut man sich die Zahlen genauer an, wird klar, dass der positive Effekt tatsächlich sehr klein ist. Der Unterschied von 0,4 Punkten in dem untersuchten Score kann z.B. bedeuten, dass ein Patient unter Lecanemab lediglich leichte Probleme mit der zeitlichen Orientierung hat, während ein Patient unter Placebo zusätzlich Probleme mit der örtlichen Orientierung an unbekannten Orten hat. Die Krankheit kann während einer 18-monatigen Behandlung um wenige Monate verzögert werden. Über den längerfristigen Therapieeffekt weiß man hingegen noch nichts.

Dem geringen therapeutischen Effekt stehen potenziell schwerwiegende Nebenwirkungen wie Hirnödeme oder Hirnblutungen gegenüber, die bei 10 bis 20% der behandelten Patienten auftreten. Diese verursachen in den meisten Fällen keine Beschwerden, machen aber regelmäßige und aufwendige Kontrolluntersuchungen notwendig. Lecanemab wirkt zudem nur bei ausgewählten Patienten mit einem frühen Stadium der Alzheimer-Krankheit, für den Großteil der von Alzheimer Betroffenen ist es deshalb keine Option.

Alles in allem ist es ein Erfolg, dass zum ersten Mal seit Dekaden ein Medikament mit einem neuen Wirkmechanismus verfügbar ist. Ein wirklicher Gamechanger für die Patienten ist es aber noch nicht.“

Die Kehrseite der Medaille – Welche Risiken Lecanemab mit sich bringt

Denn so vielversprechend der neue Therapieansatz auch erscheinen mag – die Behandlung mit Lecanemab ist keineswegs risikofrei. In der großen Zulassungsstudie kam es bei etwa 17 Prozent der Behandelten zu sogenannten Amyloid-assoziierten Bildgebungsanomalien, kurz ARIA genannt. Dabei handelt es sich um Veränderungen im Gehirn, die auf MRT-Bildern sichtbar werden – meist in Form von Schwellungen (ARIA-E) oder kleinen Blutungen (ARIA-H). Solche Effekte treten besonders in der Frühphase der Therapie auf.

Zwar verlaufen viele dieser Veränderungen zunächst ohne erkennbare Beschwerden – doch sie sind keineswegs harmlos. In mehreren Fällen kam es zu ernsthaften Komplikationen, und mindestens zwei Todesfälle wurden in engem zeitlichem Zusammenhang mit der Therapie dokumentiert.

Um mögliche Komplikationen rechtzeitig zu erkennen, sind daher die vorgenannten regelmäßige MRT-Kontrollen zwingend vorgeschrieben. Kliniken, die Lecanemab künftig einsetzen werden, müssen hierfür zuerst eigene Abläufe und Strukturen schaffen, was die Therapie nicht nur medizinisch, sondern auch organisatorisch anspruchsvoll und natürlich kostenintensiv macht.

Lecanemab ist also kein Medikament, das man „einfach mal ausprobiert“. Es erfordert genaue Diagnostik, engmaschige Überwachung – und ein Bewusstsein für die Risiken, die mit dem Eingriff in den Krankheitsprozess verbunden sind.

Auch zu beachten: Frauen tragen das größere Risiko – und profitieren weniger

Darüber hinaus hat die Therapie mit Lecanemab eine bislang wenig beachtete, aber hochrelevante Schattenseite: Frauen sprechen nämlich deutlich schlechter auf die Behandlung an als Männer – und sind gleichzeitig stärker von Nebenwirkungen betroffen.

In den Analysen der Zulassungsstudie zeigte sich, dass 43 Prozent der männlichen Teilnehmer messbar auf die Therapie ansprachen – bei Frauen lag dieser Wert hingegen nur bei 12 Prozent. Parallel dazu tragen Frauen ein erhöhtes Risiko für die sogenannten ARIA-Effekte, also die genannten Schwellungen oder Mikroblutungen im Gehirn.

Besonders kritisch wird dieser Befund vor dem Hintergrund, dass etwa 60 Prozent aller Alzheimer-Erkrankten Frauen sind – Tendenz steigend. Das wirft wichtige Fragen auf: Warum wirkt das Medikament bei Frauen deutlich schwächer? Und warum ist ihr Risiko gleichzeitig höher?

Noch gibt es dazu keine belastbaren Antworten. Dies moniert auch Ralf Bodenschatz, niedergelassener Neurologe aus Chemnitz und langjähriger Studienarzt in der Demenzforschung: „Die Datenlage ist gerade bei Frauen noch äußerst dünn – obwohl sie deutlich häufiger betroffen sind. Deshalb braucht es  dringend weitere geschlechterspezifische Forschung, bevor Lecanemab als echte Innovation für die breite Versorgung gelten kann. Lecanemab ist aus meiner Sicht noch kein Silberstreif am Horizont. Auch halte ich die Zulassung angesichts der Risiken, des immensen Aufwands und der unklaren Alltagsrelevanz für verfrüht. Die Öffentlichkeit sollte hier differenzierter informiert werden.“

Verfügbarkeit, Kosten und individuelle Entscheidung: Lecanemab – eine Therapie mit (noch) vielen Fragezeichen

Auch wenn Lecanemab nun für die EU zugelassen ist, wird das Medikament in Deutschland voraussichtlich erst in einigen Monaten verfügbar sein. Der genaue Zeitpunkt hängt von verschiedenen Faktoren ab, einschließlich der Preisverhandlungen zwischen dem Hersteller und den gesetzlichen Krankenkassen sowie der Bewertung des Zusatznutzens durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA).

Erst nach einem positiven Abschluss dieser Prozesse kann das Medikament in die Regelversorgung aufgenommen werden.​ Sollte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) jedoch keinen Zusatznutzen erkennen, könnten gesetzliche Krankenkassen die Kostenübernahme verweigern – die Patienten müssten die Therapie dann unter Umständen selbst finanzieren.

Die Kosten für Lecanemab sind allerdings erheblich: In den USA belaufen sich die jährlichen Medikamentenkosten auf etwa 26.500 US-Dollar, hinzu kommen die Ausgaben für Diagnostik, Infusionen und regelmäßige MRT-Kontrollen.

Diese hohen Kosten werfen bei vielen Menschen verständliche Fragen auf: Warum ist Lecanemab überhaupt so teuer? Und verdient die Industrie hier womöglich auf dem Rücken der Erkrankten? Ein oft vergessener Aspekt ist dabei der enorme Aufwand, der hinter der Entwicklung solcher Wirkstoffe steht – nicht nur medizinisch, sondern auch finanziell:

 „Man muss bedenken, dass die Entwicklung eines solchen Medikaments wie Lecanemab insgesamt rund eine Milliarde Dollar kostet. Die Pharmaindustrie investiert hier ungeheure Summen – und irgendwann muss sich das auch auszahlen, sonst werden Forschungen dieser Art möglicherweise eingestellt,“ erklärt Michael Tucker, Vizepräsident von MEDIDATA, New York, einem führenden Anbieter digitaler Lösungen für klinische Studien weltweit, im Gespräch mit „Alzheimer Deutschland“.

Lecanemab-Therapie – ja oder nein? Dies ist auch eine individuelle Abwägung

Und letztlich müssen die Patienten und deren Angehörig, die für eine Behandlung mit Lecanemab infrage kommen, auch selbst gemeinsam mit ihren behandelnden Ärzten sorgfältig abwägen, ob sie sich auf diese Therapie einlassen möchten.

Dr. med. Arnim Quante, Psychiater und Geschäftsführender Oberarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Friedrich von Bodelschwingh-Klinik in Berlin, fasst die Situation entsprechend zusammen:​ „Lecanemab kann für wenige Patienten ein Hoffnungsschimmer sein und tatsächlich auch eine Chance. Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass nur ca. sieben Prozent der Alzheimer-Patienten überhaupt in Frage kommen. Es gibt noch viele Ausschlusskriterien, wie andere Erkrankungen (Epilepsie, Hirninfarkte, Depression etc.) oder eine Therapie mit Antikoagulantien. Hinzu kommen bekanntlich homozygote Träger des APOE4-Gens. In Frage kommende Personen müssen zudem bereit sein, alle zwei  Wochen für eine Infusion in ein Zentrum oder ähnliches zu gehen. Zudem müssen mindestens fünf cMRT-Untersuchungen während der Therapie erfolgen, bei Nebenwirkungen auch häufiger. Zuvor müssen die Patienten ausreichend diagnostiziert werden mittels cMRT, Neuropsychologie, Liquor-Punktion oder Amyloid-PET. Die Kostenfrage ist bei all den Aufwand noch nicht wirklich geklärt. Was könnte der Vorteil der Behandlung sein? Leider kein Rückgang der dementiellen Symptomatik, aber eine Reduktion der Progression von ungefähr 30 Prozent in 18 Monaten. Das bedeutet, man kann ca. sechs Monate ‘an Zeit gewinnen‘ .

Hier ist es aktuell Gegenstand der Forschung, ob bei einer längeren Beobachtung oder Behandlung auch noch mehr Zeit gewonnen werden kann, zum Beispiel die Konversion von einem MCI zu einer leichten Demenz. Allerdings fehlen hier noch Langzeit-Studien, so dass dies aktuell noch nicht mit Sicherheit gesagt werden kann.

Meine Meinung: Für die in Frage kommenden (wenigen) Menschen, die den Aufwand nicht scheuen und nur leichte Symptome haben, und die diese Abmilderung der Progression als sehr wertvoll erachten, kann dieses Medikament eine Chance sein. Für die meisten jedoch bleibt abzuwarten, wie ausgeprägt der tatsächliche Gewinn wirklich ist. In diesem Kontext sollte man in der Kommunikation mit den Patienten klar und deutlich aufklären und nicht allzuviel Hoffnung verbreiten. Auch wünsche ich mir persönlich, dass Studien veranlasst werden, inwieweit auch die gängigen Antdementiva im Vergleich ausfallen, gerade im Langzeitverlauf über mehrere Jahre.“

Fazit:  Lecanemab ist ein erster Schritt – mit vielen Einschränkungen

Lecanemab ist also zweifellos ein medizinischer Fortschritt . Zum ersten Mal steht in Europa ein Wirkstoff zur Verfügung, der nicht nur Symptome lindert, sondern direkt in den vermuteten Krankheitsprozess der Alzheimer-Erkrankung eingreift. Doch die Realität ist eben viel komplexer als manche Schlagzeile vermuten lässt.

Lecanemab ist damit keine Revolution, sondern ein Signal – ein Aufbruch in eine neue Ära der Alzheimer-Therapie, deren Versprechen noch auf Erfüllung warten. Die Kommunikation mit den Patienten sollte daher ehrlich, differenziert und empathisch bleiben.

Der Neurologe Prof. Tihomir V. Ilic, Leiter der INOVIUM NEURO Klinik in Belgrad und einer der führenden Neurologen Serbiens, bringt es abschließend auf den Punkt: „Die Zulassung von Lecanemab ist ein wichtiger erster Schritt, da es auf die zugrundeliegende Pathologie von Alzheimer abzielt und das Fortschreiten der Krankheit bei sorgfältig ausgewählten Patienten im Frühstadium verlangsamen kann. Es ist jedoch wichtig, die Erwartungen zu dämpfen: Diese Behandlung ist keine Heilung, die Vorteile sind bescheiden und es bestehen Risiken wie eine Schwellung des Gehirns.

Wir müssen aber darauf achten, keine falschen Hoffnungen zu wecken, sondern wir müssen Lecanemab zunächst als einen Fortschritt anerkennen, der den Weg für die weitere Entwicklung solcher Medikamente ebnet, von denen die Patienten gefahrloser und auch tatsächlich spürbar profitieren.“