
Neue Studie liefert Hinweise, dass die Transkranielle Pulsstimulation (TPS) auch bei Autismus-Spektrum-Störungen die neuronale Konnektivität positiv beeinflussen kann.
Autismus – heute meist als Autismus-Spektrum-Störung (ASS) bezeichnet – zählt zu den komplexesten neurobiologischen Entwicklungsstörungen. Sie zeigt sich in sehr unterschiedlichen Ausprägungen, von leichten Kommunikationsschwierigkeiten bis hin zu schweren Einschränkungen im sozialen und emotionalen Verhalten. Die Betroffenen nehmen die Welt oft anders wahr: Reize werden intensiver erlebt, soziale Signale schwerer entschlüsselt, Veränderungen als belastend empfunden.
Die Prävalenz von Autismus steigt seit Jahren – in Europa liegt sie mittlerweile bei rund einem Prozent. Experten führen das vor allem auf verbesserte Diagnostik und eine größere gesellschaftliche Aufmerksamkeit zurück. Dennoch bleibt der therapeutische Fortschritt begrenzt. Medikamente lindern nur Begleitsymptome, und klassische Verhaltenstherapien erfordern jahrelanges, intensives Training mit wechselhaftem Erfolg.
Immer deutlicher zeigt sich jedoch: Autismus ist keine statische Störung, sondern das Ergebnis veränderter neuronaler Netzwerke im Gehirn. Genau hier setzt die Transkranielle Pulsstimulation (TPS) an, die in der Alzheimer- und Parkinson-Forschung, aber auch bei Depressions-Erkrankungen bereits bemerkenswerte Effekte gezeigt hat.
Transkranielle Pulsstimulation (TPS) als mögliche Neuromodulations-Therapie bei Autismus
Die TPS-Therapie arbeitet mit niederenergetischen Stoßwellen-Impulsen, die gezielt in bestimmte Hirnregionen geleitet werden. Diese Impulse regen zelluläre Prozesse an, fördern die Durchblutung und beeinflussen die Aktivität neuronaler Netzwerke. Im Gegensatz zu elektrischen oder magnetischen Stimulationsverfahren dringt TPS dreidimensional bis zu acht Zentimeter tief in das Gehirn ein, ohne das Gewebe zu schädigen.
Bereits im Jahr 2023 hat eine erste Studie zum Nutzen der Transkraniellen Pulsstimulation (TPS) bei Autismus ermutigende Ergebnisse gezeigt, denn die TPS reduzierte Autismus-Symptome bei den jugendlichen Probanden signifikant: In dieser doppelblinden RCT mit 32 Jugendlichen führte TPS am temporoparietalen Kortex zu einer Reduktion der CARS-Scores um 24 Prozent – mit anhaltenden Effekten bis zu 3 Monate nach Therapieende. Auch globale klinische Verbesserungen waren signifikant (siehe hierzu: TPS-Therapie – Studien – Weitere Forschung).
Forscherteams an der Hong Kong Polytechnic University unter Leitung von Hsu et al. (2025) und in Kooperation mit der Medizinischen Universität Wien (Arbeitsgruppe um Prof. Roland Beisteiner) untersuchten nun weiterhin den Zusammenhang zwischen Gehirnkonnektivität und kognitiven Veränderungen nach TPS bei Jugendlichen mit Autismus.
Neue Autismus-Studie: Deutliche Veränderungen im Netzwerk des Gehirns
An der randomisierten, placebokontrollierten Studie nahmen Jugendliche mit diagnostizierter Autismus-Spektrum-Störung teil. Über mehrere Sitzungen erhielten sie gezielte TPS-Stimulationen in jenen Hirnarealen, die für soziale Wahrnehmung, Aufmerksamkeit und Exekutivfunktionen relevant sind.
Mittels funktioneller MRT-Aufnahmen (fMRT) wurden anschließend die Verbindungen zwischen zentralen Gehirnnetzwerken analysiert – darunter das Default Mode Network (DMN), das Dorsale Aufmerksamkeitsnetzwerk (DAN) und das Limbische Netzwerk (LN).
Die Ergebnisse zeigen: Nach der TPS-Behandlung kam es zu deutlichen Veränderungen der funktionellen Konnektivität, insbesondere zwischen den Regionen, die für soziale Kognition, Emotion und Aufmerksamkeit entscheidend sind. Diese neuronalen Anpassungen standen in engem Zusammenhang mit messbaren Verbesserungen der kognitiven Leistungsfähigkeit.
Transkranielle Pulsstimulation: Eine mögliche neue Behandlungsoption für Autismus-Patienten
Die Studie liefert wertvolle Hinweise darauf, dass TPS nicht nur Symptome lindern, sondern direkt auf die zugrunde liegenden Netzwerkmechanismen des Gehirns einwirken kann. Die beobachteten Veränderungen deuten darauf hin, dass die Behandlung neuronale Kommunikation und Informationsverarbeitung stabilisiert – ein Effekt, der bei Autismus lange Zeit als kaum beeinflussbar galt.
Die Forscher betonen, dass die Transkranielle Pulsstimulation (TPS) wahrscheinlich auch hier über den Wirkmechanismus Mechanotransduktion wirkt – also über die Umwandlung mechanischer Impulse in biologische Aktivität. Dieser Prozess fördert Durchblutung, Zellstoffwechsel und synaptische Plastizität, wodurch neuronale Netzwerke wieder besser interagieren können (siehe hierzu auch: Mechanotransduktion und ihre Rolle bei neurodegenerativen Erkrankungen).
Zudem wurde die Methode von den Jugendlichen gut vertragen, ohne Nebenwirkungen oder Beeinträchtigungen nach der Behandlung. Das unterstreicht einmal mehr den bekannt sanften, nicht-invasiven Charakter der TPS – ein Aspekt, der gerade bei Kindern und Jugendlichen von großer Bedeutung ist.
TPS schon heute im Individual-Fall als bei Autismus in Deutschland
Im Bereich „off-label“-Therapie, also nach sorgfältiger Prüfung im Individual-Fall, ob eine Behandlung aufgrund klinischer Daten auch ohne Einzelzulassung infrage kommt, wird die TPS auch in Deutschland bereits vereinzelt bei Autismus angewandt.
So ist derzeit (Stand: Oktober 2025) z. B. eine 35-jährige Autismus-Patientin in der Praxis Schmidt-Staub in Hannover mitten in der TPS-Therapie. Sie berichtet „Alzheimer Deutschland“: „Ich habe mittlerweile drei TPS-Sitzungen hinter mir, die mir wirklich gut tun! Meine Zwangsgedanken, unter denen ich vor allem leide, haben sich schon stark reduziert, ich bin optimistischer und fröhlicher und meine permanenten Ängste sind weniger geworden,“ berichtet die Patientin, die sich vorher selbst intensiv mit der TPS beschäftigt hatte: „Ich bin so froh, mich für diese Therapie entschieden zu haben, nachdem ich jahrelang nach echter Hilfe gesucht hatte.“ Einige Monate nach Abschluss der Initial-Behandlung mit der TPS möchte die junge Frau „Alzheimer Deutschland“ einen Erfahrungsbericht geben, um andere Betroffene über ihre Erlebnisse zu informieren.
Stoßwellen in der Neurologie: Ein neuer Horizont auch in der Autismus-Forschung
Autismus galt lange als unbeeinflussbar, da man Veränderungen im Gehirn als unveränderlich ansah. Neuere Forschung zeigt jedoch, dass das Gehirn – auch bei Entwicklungsstörungen – eine bemerkenswerte Neuroplastizität besitzt. Genau hier bietet TPS eine neue Perspektive: Statt Verhalten mühsam anzupassen, könnten künftig die neuronalen Grundlagen gestärkt werden, die soziale und emotionale Fähigkeiten ermöglichen.
Die Arbeit von Hsu et al. (2025) ist die zweite internationale Studie, die sich mit TPS bei Autismus befasst. Sie stärkt die Annahme, dass gezielte Pulsstimulation neurobiologische Dysbalancen modulieren kann – ein Ansatz, der über klassische Therapieformen weit hinausgeht.
TPS: Ein weiterer Schritt in die Zukunft der additiven, personalisierten Autismus-Therapie
Noch steht die Forschung der TPS bei Autismus natürlich am Anfang, doch die Ergebnisse sind vielversprechend. Sollte sich die Wirksamkeit in größeren Studien bestätigen, könnte die TPS künftig eine wichtige Ergänzung in der Therapie von Autismus werden – insbesondere für jene, die auf klassische Ansätze nur begrenzt ansprechen.
Die Erkenntnis, dass mechanische Impulse neuronale Netzwerke „neu synchronisieren“ können, markiert einen Paradigmenwechsel – von der reinen Symptombehandlung hin zu einer gezielten Unterstützung der neuronalen Selbstregulation.
Damit zeigt sich erneut: TPS ist nicht nur ein Werkzeug der Neuromodulation, sondern ein Fenster in die Zukunft der personalisierten Gehirnmedizin.

