
Neue Studie der ETH Zürich zeigt: die Transkranielle Pulsstimulation (TPS) beeinflusst messbar neuronale Aktivität und Gehirnnetzwerke – ein weiterer Schritt zur wissenschaftlichen Anerkennung.
Mit den Antikörper-Medikamenten Lecanemab und Donanemab, die in Europa für die Alzheimer-Therapie zugelassen wurden, hofften viele auf einen Durchbruch. Diese sogenannten monoklonalen Antikörper sollen krankhafte Eiweißablagerungen (Amyloid-Plaques) im Gehirn abbauen, die als Mitverursacher der Alzheimer-Erkrankung gelten.
Doch die anfängliche Euphorie wird zunehmend verhaltener. Denn nur ein sehr kleiner Teil der Patienten – gemäß der Deutschen Alzheimer-Forschung erfüllen nur einer von 100 Menschen mit Alzheimer-Demenz alle Voraussetzungen für eine Behandlung mit Leqembi (Lecanemab) – kann überhaupt behandelt werden, die Therapie ist aufwendig und teuer, und nicht selten treten massive Nebenwirkungen wie Hirnschwellungen oder Blutungen auf. Zudem verlangsamt die Behandlung den Krankheits-Verlauf nur um wenige Monate, die Patienten selbst merken nichts davon – und eine Heilung bleibt sowieso aus.
Während also die molekularen Ansätze an Grenzen stoßen, geht ein anderer Weg zunehmend in die wissenschaftliche Offensive: die Transkranielle Pulsstimulation (TPS) – eine physikalische Stoßwellen-Methode, die das Gehirn selbst aktiviert, anstatt nur Symptome zu bekämpfen.
Forscher der ETH Zürich machen sichtbar, wie TPS neuronale Netzwerke beeinflusst
Eine Forschungsgruppe der renommierten ETH Zürich und Universität Zürich hat nun erstmals im Detail gezeigt, wie die Transkranielle Pulsstimulation (TPS) im Gehirn faktisch wirkt: Im weltweit anerkannten Fachmagazin „Brain Stimulation“ (Impact Factor 8,4) veröffentlichten die Wissenschaftler um Prof. Daniel Razansky und Dr. Xosé Luís Deán-Ben die Ergebnisse einer aufsehenerregenden Grundlagenstudie in einem Alzheimer-Mausmodell.
Das Resultat: Die TPS löst gezielt neuronale Aktivität aus – also messbare Reaktionen von Nervenzellen. In den Experimenten kam es zu einem kontrollierten Kalziumeinstrom in die Zellen (Kalzium ist ein wichtiger Signalstoff, der elektrische Aktivität im Gehirn steuert). Parallel stieg der sogenannte c-Fos-Wert stark an – ein Eiweiß, das Forscher als Marker für aktive Neuronen nutzen.
Die Folge: Innerhalb von Minuten kam es zu sichtbaren Veränderungen in den funktionellen Netzwerken des Gehirns – also in den Kommunikationsbahnen, über die Nervenzellen miteinander Informationen austauschen. Besonders betroffen waren der Hippocampus (Zentrum des Gedächtnisses), der Hypothalamus (Regler für Hormone und Emotionen) und die Amygdala (Schaltstelle für Gefühle).
Diese Veränderungen traten sowohl bei gesunden Mäusen als auch bei Alzheimer-Mäusen auf – ein starker Hinweis darauf, dass die TPS-Therapie nicht nur geschädigte Hirnregionen stimuliert, sondern grundsätzlich die neuronale Kommunikation verbessern kann.
Nicht nur das Molekül, sondern auch die Verbindung zählt: TPS bringt Kommunikation zurück
Während Medikamente wie Donanemab biochemische Ablagerungen abbauen, setzt die TPS direkt an der Kommunikation zwischen Nervenzellen an. Die Züricher Forscher beobachteten, dass sich neuronale Netzwerke nach der Stimulation neu ordneten – ähnlich wie ein Orchester, das nach kurzer Pause wieder harmonisch zusammenspielt.
Dieses Phänomen ist Ausdruck sogenannter Neuroplastizität, also der Fähigkeit des Gehirns, sich selbst zu reorganisieren, neue Verbindungen zu bilden und verlorene Funktionen jedenfalls teilweise wiederherzustellen – siehe hierzu auch: Was ist Neuroplastizität? .
Genau diese Prozesse könnten erklären, warum Alzheimer-Patienten nach mehreren TPS-Behandlungen häufig berichten, dass sie wacher, klarer, emotional stabiler sind und Angehörige beobachten, dass sich Sprache, Orientierung und Stimmung verbessern.
TPS-Stoßwellen: Gleiche Wirkung bei gesunden und Alzheimer-Gehirnen
Ein besonders spannender Befund der ETH-Studie: Die Aktivierungsmuster zeigten sich bei allen Mäusen gleichermaßen – unabhängig davon, ob sie an Alzheimer erkrankt waren oder nicht. Das bedeutet, die TPS wirkt nicht nur dort, wo bereits Krankheit herrscht, sondern unterstützt das Gehirn auch präventiv, indem es neuronale Aktivität anregt und Netzwerke trainiert. Dies ist in Zeiten stark steigender Prävalenz-Zahlen bei Alzheimer, anderen Formen der Demenz oder auch Parkinson ein wichtiger Aspekt, der die Anwendung der TPS-Therapie auch in der Prävention zur Diskussion der Möglichkeiten stellt.
Wichtig ist zudem, dass auch die Züricher Forscher einmal mehr konnten zeigen, dass die niedrigenergetischen Stoßwellen der Transkraniellen Pulsstimulation keine Erwärmung oder Gewebeschäden verursachen – ein entscheidender Sicherheitsvorteil gegenüber anderen, etwa mit Ultraschall arbeitenden Verfahren.
Grundlagenforschung belegt, was Patienten in der Praxis seit Jahren erleben
Die Ergebnisse der ETH Zürich und der Universität Zürich decken sich mit zahlreichen bisherigen klinischen Studien, in denen die TPS bei Alzheimer-Patienten zu deutlich verbesserten kognitiven Leistungen und stabilerer Stimmung geführt hat. Diese Daten und Ergebnisse werden auch durch die tägliche Praxis gestützt, denn immerhin wurden bereits viele tausend Patienten mit der TPS behandelt und dokumentiert.
Weiterhin ermutigend ist, dass die TPS auch bei Parkinson und Depressionen vielversprechende Resultate zeigt, was die ETH Zürich nun mechanistisch bestätigt: TPS beeinflusst genau jene Netzwerke, die bei diesen Erkrankungen gestört sind.
Jetzt muss die Praxis stärker folgen – die TPS verdient mehr Anerkennung und leichteren Zugang für die Patienten
Auch die Ergebnisse der ETH Zürich zeigen, was in neurologischen beziehungsweise psychiatrischen Praxen und Kliniken längst sichtbar ist: Die Transkranielle Pulsstimulation wirkt – und sie ist zudem sicher für die Patienten. Trotzdem ist sie vielerorts noch unbekannt und wird noch nicht flächendeckend angeboten. Dabei sprechen die Fakten längst für sich: keine invasiven Eingriffe, keine nennenswerten Nebenwirkungen, spürbare Verbesserungen bei Gedächtnis, Orientierung und Stimmung, und dies mittlerweile nachweislich auch im Langzeitverlauf.
Während Antikörpertherapien nur für wenige Betroffene infrage kommen und hohe Risiken bergen, steht die TPS bereit – für die große Mehrheit der Menschen mit Alzheimer in allen Stadien, anderen Demenzen und zunehmend auch bei Parkinson und Depressionen. Was fehlt, ist nicht die Evidenz, sondern der Wille, neue Wege zugunsten der Betroffenen zu gehen.
Mit Studien wie jener der ETH Zürich ist die Zeit reif für ein Umdenken in der Praxis. Denn die TPS eröffnet eine reale Chance, das Leben der Patienten zu verbessern – hier und heute, nicht erst in einer fernen Zukunft.
Link zur Studie:
Transcranial pulse stimulation modulates neuronal activity and functional network dynamics
https://www.brainstimjrnl.com/article/S1935-861X(25)00344-4/fulltext

