Donanemab soll Alzheimer im Frühstadium verlangsamen – birgt aber hohe Risiken, Nebenwirkungen und Kosten.
Nach Lecanemab folgt nun wohl auch bald Donanemab: Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat im Juli 2025 die Zulassung eines weiteren Antikörper-Medikaments auf Infusions-Basis gegen Alzheimer-Demenz empfohlen. Der Wirkstoff Donanemab, vermarktet unter dem Namen Kisunla, wurde zwar von der EMA im März 2025 aufgrund erheblicher Sicherheitsbedenken für die Patienten zunächst abgelehnt – insbesondere wegen gehäufter Hirnschwellungen und Blutungen (ARIA).
Nun, nach einer erneuten Prüfung, spricht sich der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) für eine bedingte Zulassung aus – allerdings unter engen Auflagen.
Was Donanemab ist – und was es leisten soll
Donanemab ist ein monoklonaler Antikörper, der auf sogenannte Amyloid-Beta-Plaques im Gehirn zielt – jenen Eiweißablagerungen, die derzeit als Mit- bzw. Hauptverursacher der Alzheimer-Krankheit gelten. Indem Donanemab diese Plaques abbaut, soll es den kognitiven Abbau verzögern. Die Studien zeigen: Der kognitive Verlust konnte im Frühstadium der Erkrankung um bis zu 35 Prozent verlangsamt werden. Ein Aufhalten der Erkrankung ist jedoch nicht möglich.
Auch Donanemab nur im Demenz-Frühstadium einsetzbar – für eine kleine Patientengruppe
Wie auch Lecanemab darf Donanemab nur bei Patienten mit leichter kognitiver Beeinträchtigung oder milder Alzheimer-Demenz eingesetzt werden – und dies auch nur, wenn eine Amyloid-Plaque-Belastung im Gehirn nachgewiesen wurde. Zudem ist das Medikament nur für Menschen mit maximal einer Kopie des ApoE4-Gens vorgesehen. Diese genetische Einschränkung reduziert die Zielgruppe erheblich – auf etwa 10 bis 15 Prozent der Betroffenen
Der Preis der Hoffnung: Nebenwirkungen und Risiken durch das Infusions-Medikament
Die Schattenseiten dieser medikamentösen Hoffnung sind auch diesmal nicht zu übersehen und wiegen noch schwerer als bei Lecanemab. Donanemab kann schwerwiegende Nebenwirkungen verursachen, darunter Hirnschwellungen (ARIA-E), Mikroblutungen (ARIA-H) und infusionsbedingte Reaktionen.
In klinischen Studien traten Hirnödeme bei bis zu 27,5 Prozent der Patienten auf, Mikroblutungen sogar bei mehr als 30 Prozent. Hinzu kommen allergische Reaktionen, teils mit schwerem Verlauf, sowie Fälle mit Todesfolge, die in direktem Zusammenhang zur Behandlung gesehen werden.
Obwohl die Mehrheit der Betroffenen die Therapie zunächst symptomlos übersteht, bleibt das Risiko medizinisch und ethisch relevant – insbesondere in Anbetracht der geringen Wirksamkeit und der strengen Patientenauswahl.
Organisation, Aufwand, Kosten – für wen ist eine Donanemab-Therapie realistisch?
Eine Donanemab-Therapie erfordert weit mehr als nur ein Rezept. Vor Therapiebeginn muss eine Amyloid-Belastung im Gehirn sicher nachgewiesen werden, meist per PET-Scan oder Liquordiagnostik. Die Infusionen erfolgen in vierwöchigen Abständen und dürfen nur unter Aufsicht eines erfahrenen, multidisziplinären Teams stattfinden – mit regelmäßigen MRT-Kontrollen, um Nebenwirkungen rechtzeitig zu erkennen.
Auch dürfen, wie bereits erwähnt, nur Patienten behandelt werden, die weder eine doppelte Kopie des ApoE4-Gens tragen noch mit bestimmten Risikomedikamenten wie Blutverdünnern behandelt werden. Das schließt viele Menschen aus, die eine Alzheimer-Diagnose bereits erhalten haben. Zudem ist die Therapie mit hohen Kosten verbunden:
In den USA liegt der Listenpreis bei etwa 32 000 US‑Dollar pro Jahr und Patient, in Europa wird Donanemab wohl um die 25.000 Euro kosten. Hinzu kommen, wie bei Lecanemab, dass der hohe organisatorische Aufwand erst einmal gestemmt werden muss. Die Hürden sind also nicht nur medizinisch und ethisch, sondern auch organisatorisch und wirtschaftlich enorm.
Antikörper-Medikamente: Ein Fortschritt – aber kein Durchbruch
Donanemab ist sicherlich ein Fortschritt in der Alzheimer-Forschung. Es reduziert Amyloid-Plaques und verlangsamt in sehr frühen Stadien den kognitiven Abbau. Doch die Einschränkungen sind erheblich: Ein Großteil der Betroffenen wird weder zugelassen noch profitieren können. Und: Der erwartete „Durchbruch“ bleibt auch mit diesem zweiten Antikörper aus.
Transkranielle Pulsstimulation (TPS): Ohne Infusion und klinisch relevante Nebenwirkungen
Während Antikörper-Medikamente viel Aufmerksamkeit und Gelder erhalten, arbeiten immer mehr Mediziner in Kliniken und Praxen bereits erfolgreich mit nicht-invasiven Hirnstimulationsverfahren (NIBS). Besonders die Transkranielle Pulsstimulation (TPS) zeigt in Studien und der Praxis beachtliche Erfolge – ohne Infusion, ohne ständige MRT-Kontrollen, ohne Hirnblutungsrisiken. Die Transkranielle Pulsstimulation zielt dabei nicht auf Amyloid-Plaques, sondern aktiviert direkt die neuronalen Netzwerke – dort, wo Alzheimer seine Symptome verursacht. Und anders als Donanemab kann die TPS auch bei fortgeschrittener Demenz angewendet werden.
Deshalb wächst die Bedeutung physikalischer, nicht-invasiver Therapien wie der TPS, die – wissenschaftlich gestützt – neue Wege eröffnen: sanft, sicher und für viele Patientengruppen zugänglich.
Therapie mit Donanemab – kurz erklärt
Zulassungsstatus:
Empfehlung der EMA im Juli 2025, finale Entscheidung der EU-Kommission steht noch aus.
Zugelassene Patientengruppe:
- Frühstadium der Alzheimer-Erkrankung
- Nachweis von Amyloid-Plaques
- Keine oder maximal eine Kopie des ApoE4-Gens
Therapieform und Durchführung:
- Monoklonaler Antikörper
- Monatliche Infusionen
- Behandlung in spezialisierten Zentren mit Zugang zu MRT
Erforderliche Diagnostik:
- Amyloid-PET oder Liquor-Analytik
- Gen-Test auf ApoE4
- Regelmäßige MRT-Kontrollen
Nebenwirkungen (Auswahl):
- ARIA-E (Hirnödeme)
- ARIA-H (Mikroblutungen)
- Infusionsreaktionen
- Todesfälle im Studienkontext
Wirkung laut Studien:
- Verlangsamung des kognitiven Abbaus um bis zu 35 Prozent im Frühstadium
- Keine Heilung, kein Stopp des Krankheitsverlaufs
Zulassungsempfehlung zur Vermarktung von Donanemab/ Kisunla durch die EMA vom 24. Juli 2025: