Transkranielle Pulsstimulation und andere NIBS-Verfahren bei Alzheimer: Neue Daten aus der Wissenschaft

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Aktuelle Forschung zeigt: Nicht-invasive Hirnstimulation kann gestörte Gehirnrhythmen bei Alzheimer gezielt beeinflussen – TPS rückt dabei besonders in den Fokus

Nicht-invasive Hirnstimulation (NIBS) – insbesondere die Transkranielle Pulsstimulation (TPS) – gilt zunehmend als innovativer Ansatz zur Behandlung der Alzheimer-Demenz. In einer weiteren aktuellen, sehr umfassenden Studie zeigt sich, dass diese Verfahren gestörte Gehirnrhythmen bei Alzheimer gezielt modulieren können. Die TPS rückt dabei wiederum maßgeblich in den Fokus: Sie ermöglicht es, krankheitsbedingte Veränderungen direkt im Gehirn anzusprechen – präzise, individuell und ohne Medikamente. Eine neue wissenschaftliche Übersichtsarbeit von Prof. Paolo Manganotti und seinem Team an der Universität Triest beleuchtet jetzt umfassend, wie NIBS-Verfahren (siehe hierzu auch: Hirnstimulation ) – vor allem aber besonders die TPS – zur gezielten Beeinflussung neuronaler Oszillationen bei Alzheimer beitragen kann.

Gehirnrhythmen außer Takt – was bei Alzheimer wirklich geschieht

Das menschliche Gehirn arbeitet in Rhythmen. Diese neuronalen Oszillationen – Hirnwellen genannt – koordinieren Denken, Erinnern, Fühlen und Handeln. Doch bei Alzheimer-Demenz geraten diese fein abgestimmten Taktgeber zunehmend aus dem Gleichgewicht. Frühzeitig kommt es zu einer Dysregulation vor allem in den schnelleren Frequenzen wie der Alpha-, Beta- und Gamma-Aktivität. Gleichzeitig dominieren langsamere Wellen wie Theta oder Delta – Zeichen eines gestörten Netzwerks.

Genau hier setzen moderne Hirnstimulationsverfahren an. Ihr Ziel: die gestörte neuronale Balance wiederherzustellen – und dadurch kognitive Funktionen zu stabilisieren oder gar zu verbessern.

Nicht-invasive Hirnstimulation (NIBS): Eine neue Klasse von physikalischen Therapieansätzen

Nicht-invasive Hirnstimulation, kurz NIBS, bezeichnet eine ganze Gruppe moderner Verfahren, mit denen das Gehirn von außen, also nicht-invasiv, beeinflusst werden kann – ganz ohne chirurgischen Eingriff, Nadeln oder Medikamente. Das Grundprinzip: Bestimmte Bereiche des Gehirns werden durch gezielte, physikalische Reize – etwa elektrische, magnetische oder mechanische Impulse – so stimuliert, dass die Aktivität von Nervenzellen verändert wird. Ziel ist es, gestörte Netzwerke im Gehirn neu zu modulieren und die funktionelle Konnektivität zu verbessern.

Anders als Medikamente, die über den Blutkreislauf wirken und den gesamten Körper beeinflussen, setzen die NIBS direkt am Ort des Geschehens an – präzise, individuell dosierbar und  gut verträglich. In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass NIBS nicht nur sicher, sondern auch wirksam sind: Zahlreiche Studien berichten über Verbesserungen von Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Stimmung und Lebensqualität – insbesondere bei neurodegenerativen Erkrankungen wie der Alzheimer-Demenz.

Unter dem Oberbegriff „nicht-invasive Hirnstimulation“ findet sich eine ganze Klasse unterschiedlicher Techniken mit teils sehr unterschiedlichen Wirkmechanismen. Zu den bekanntesten Methoden neben zählen:

  • rTMS (repetitive transkranielle Magnetstimulation)
  • tDCS (transkranielle Gleichstromstimulation)
  • tACS (transkranielle Wechselstromstimulation)
  • Gamma-Sensory Stimulation
  • sowie als bekanntestes Verfahren bei Alzheimer die TPS (Transkranielle Pulsstimulation)

Allen gemeinsam ist die modulierende Wirkung auf Hirnaktivität und Netzwerke. Klinische Studien zeigen: Bei richtiger Anwendung können NIBS-Verfahren Gedächtnisleistungen verbessern, depressive Symptome lindern und die funktionelle Konnektivität im Gehirn fördern.

Die rTMS etwa erzeugt durch magnetische Impulse elektrische Ströme im Gehirn. Je nach Frequenz können bestimmte Hirnregionen stimuliert oder gehemmt werden. Besonders in der Alzheimer-Forschung wird der dorsolaterale präfrontale Kortex (DLPFC) gezielt angesprochen – ein Bereich, der für Arbeitsgedächtnis und Entscheidungsvorgänge verantwortlich ist. Studien zeigen, dass sich durch rTMS sowohl kognitive Leistungen als auch neuropsychiatrische Symptome verbessern lassen. Auch die Aktivität des Default Mode Network, das bei Alzheimer früh gestört ist, lässt sich damit positiv beeinflussen.

Die tDCS hingegen wirkt mit sehr schwachem Gleichstrom, der die Erregbarkeit von Nervenzellen moduliert. Anodale Stimulation erhöht die Aktivität, kathodale senkt sie. In Studien konnte tDCS unter anderem das Arbeitsgedächtnis, die Aufmerksamkeit und die Alltagsfunktion von Alzheimer-Patienten verbessern – insbesondere dann, wenn der präfrontale Kortex oder temporoparietale Regionen stimuliert wurden. Entscheidend ist dabei eine individuelle Anpassung der Stromstärke und Polung an die jeweiligen Symptome und den Erkrankungsverlauf.

Transkranielle Pulsstimulation (TPS): Stoßwellen-Impulse mit besonderer Tiefe und Präzision

Die Transkranielle Pulsstimulation (TPS) hebt sich allerdings deutlich von anderen Verfahren ab: Sie arbeitet mit ultrakurzen Stoßwellen-Impulsen (siehe hierzu auch: Was sind Stoßwellen? ), die als einzige gezielt auch tieferliegende Hirnareale (bis zu 8 cm) wie den Hippocampus oder das limbische System erreichen – Regionen, die bei Alzheimer besonders früh und stark betroffen sind.

Im Unterschied zu anderen NIBS-Methoden kann TPS somit alle relevanten Hirnareale in individuell bestimmbarer Tiefe präzise ansteuern. Das eröffnet nicht nur umfangreichere therapeutische Perspektiven, sondern macht die TPS auch zur derzeit fortschrittlichsten und klinisch am weitesten eingesetzten NIBS bei Alzheimer – in vielen Ländern ist sie bereits fester Bestandteil der praktischen Behandlung.

Dies liegt auch daran, dass die Transkranielle Pulsstimulation (TPS) für die Patienten am wenigsten Aufwand erfordert: Hier sind nur sechs Behandlungssitzungen und dann in größeren Abständen einzelne Auffrischungsbehandlungen notwendig, während etwa die rTMS rund 20 – 30 Mal eingesetzt werden muss.

TPS bei Alzheimer: Wie die Stoßwellen-Therapie messbar ins Gehirn eingreift

Die Studie von Manganotti et al. zeigt, wie die TPS gezielt neuroplastische Prozesse anstößt: Sie verbessert die Durchblutung, fördert neurotrophe Faktoren und beeinflusst messbar die elektrische Aktivität im Gehirn – von der Kohärenz zwischen weit entfernten Arealen bis hin zur Synchronisation verschiedener Frequenzbänder. In einer letzthin publizierten randomisierten klinischen Studie konnte TPS bei jüngeren Alzheimer-Patienten nicht nur die kognitiven Leistungen verbessern, sondern auch depressive Symptome lindern – durch eine Hochregulierung der funktionellen Gehirnaktivität und Netzwerkverbindungen (siehe hierzu auch: Transkranielle Pulsstimulation (TPS) – Studien )

Warum die Modulation von Hirnrhythmen ein echter Wendepunkt sein kann

Der Ansatz, neuronale Oszillationen gezielt zu beeinflussen, markiert einen Paradigmenwechsel. Anders als Medikamente, die oft in biochemische Prozesse eingreifen, setzen Hirnstimulationsverfahren direkt an der funktionellen Kommunikation im Gehirn an. Das eröffnet neue Möglichkeiten, die Kognition zu erhalten – nicht nur bei Alzheimer, sondern womöglich auch bei anderen neurodegenerativen Erkrankungen.

Die Transkranielle Pulsstimulation (TPS) nimmt dabei eine Sonderstellung ein: Sie verbindet technologische Präzision mit der Fähigkeit, tiefgreifende neuronale Prozesse zu stimulieren – sanft, ambulant und ohne operative Eingriffe.

Ausblick: Neue Wege eröffnen neue Möglichkeiten für Alzheimer-Patienten

Die Autoren der Studie kommen zu einem hoffnungsvollen Schluss. Ihre Botschaft: Wenn es gelingt, moderne Verfahren wie die TPS weiter zu verfeinern, interdisziplinär zu erforschen und sinnvoll mit bestehenden Therapieformen zu kombinieren, kann das einen echten Wendepunkt beziehungsweise eine grundlegende Erweiterung der Therapiemöglichkeiten in Neurologie und Psychiatrie  bedeuten – eine dringend erforderliche Entwicklung zugunsten der Patienten, der Angehörigen und der Gesundheitssysteme gleichermaßen.

Mit der Weiterentwicklung dieser Therapien und ihrer zunehmenden Verfügbarkeit kommen wir dem Ziel näher, die Gehirnrhythmen zu modulieren, um die kognitiven Funktionen zu erhalten und zu verbessern – was letztlich neue Hoffnung im Kampf gegen die Alzheimer-Krankheit gibt.“ (Manganotti et al., 2025)

Link zur Studie:

https://www.mdpi.com/1648-9144/61/3/547

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